Text: Maximilian Heß, 30. April 2021

Die Österreicher von Ja, Panik gehören zu den Alterspräsidenten des deutschsprachigen Indie-Pops. Kaum eine Band war so stilprägend für deutsche und österreichische Popmusik der letzten 15 Jahre wie das Quartett um Sänger Andreas Spechtl. Beim neuen, inzwischen sechsten Album “Die Gruppe” stellt sich die gleiche Frage wie bei vielen Pop-Altmeistern: Ist das noch Kunst oder nur noch prä-letale Nachlassverwaltung?

Ja, Panik in einen Zusammenhang mit Austro-Pop zu bringen ist schon deshalb nicht mehr aktuell, weil ihr Sound spätestens seit ihrer Zusammenarbeit mit Moses Schneider bei “The Taste And The Money” (2006) mehr nach Hamburg als nach Wien klingt. Wo ist also die Lücke für “Die Gruppe”. Vielleicht ist es mehr als Spätwerk der Hamburger Schule-Urszene anzusehen, ähnlich wie das die Sterne Album letztes Jahr? Ist das genug für Relevanz?

Was den Sound angeht, ist “Die Gruppe” ein sehr altmodisches, sehr urban klingendes Album geworden. Auffällig ist gerade in der ersten Hälfte des Albums das in den Hallsphären singende, omnipräsente Saxophon. Dabei klingt es es ein wenig nach Kenny G und viel nach Roxy Music. In klassische Post-Punk/Wave-Pop Strukturen legt sich eine Pop-Gitarre, ein unauffälliger Bass und Drumming, das so dünn gemischt ist, dass es schon digital nach Vinyl schreit. Das alles klingt in guten Momenten nach David Bowie, in schlechten nach allem und nichts.

Auf diesen vertrauten Sounds fügt sich Spechtls Gesag, der abwechselnd deutsch und englisch ist, sehr organisch ein. Thematisch ist “Die Gruppe” schwer zu greifen. Songs wie “On Livestream” sind als Kommentare auf die digitale Postmoderne zu verstehen. Andere sind eher selbstreferenziell und allen haftet der Vorwurf des bewusst umständlichen an. Songs wie “The Cure” klingen mit ihrer Holzhammer-Kapitalismuskritik, leichten Gitarren-Dissonanzen und dem Lou Reedschen Gesang von Spechtl wie eine Hommage an Velvet Underground. Das ist zwar schön umgesetzt, aber am Ende fast näher am Cover als an eigener Kreation.

Bei Bands, die wegen früher Erfolge inzwischen mehr als Institution verstanden werden können, ist immer die Gefahr, dass das Spätwerk vieles von früherer Brillanz und Innovation verliert. Und auch Ja, Panik sind Opfer dieses Trends. “Die Gruppe” klingt wie ein Album, das nach seiner Identität sucht und sie in einem gut sortierten Plattenschrank findet. Das ist alles nicht schlecht gemacht, und Fans der Band werden trotzdem ihren Spaß haben. Für ein wirklich gutes Album ist “Die Gruppe” aber zu verzettelt, überfrachtet und letztlich chancenlos gegen die eigene Vergangenheit. Wer Ja, Panik kennt und liebt wird eine zufriedenstellende Zeit mit dem neuen Album haben, allen anderen sei ihr zweites Album “The Taste And The Money” (2006) ans Herz gelegt.

24.10.2021 Leipzig – Conne Island
25.10.2021 München – Strom
26.10.2021 (AT) Wien – Flex
28.10.2021 (AT) Salzburg – Arge Kultur
29.10.2021 (CH) St. Gallen – Palace
30.10.2021 Schorndorf – Manufaktur
31.10.2021 Offenbach – Hafen 2
01.11.2021 Köln – Gebäude 9
02.11.2021 Hamburg – Uebel&Gefährlich
04.11.2021 Berlin – Festsaal Kreuzberg

VÖ: 30. April 2021 via Bureau B