Text: Pierre Rosinsky, 23. September 2022

Dass Isolation und Ressourcenmangel kreative Prozesse freisetzen können, zeigt sich auch bei Musikschaffenden immer wieder. Janus Rasmussen kann davon ein Lied singen; aufgewachsen auf den Färöern, hatte er nur wenig Zugang zu Live-Konzerten oder Musiksoftware, mit der er seinem damaligen Lieblingskünstler Aphex Twin hätte nacheifern können. Eine Gitarre war nun mal viel leichter bei der Hand als Ableton oder FL Studios. So verwundert es nicht, dass Rasmussen die ersten für ihn verwendbaren Samples auf eBay fand: gebrannt auf CD mit obskuren Titeln wie „Kanye“ oder „Neptunes“.

Mit einem Ausflug nach Island sollten sich diese Voraussetzungen ändern und nach verschiedenen aufsehenerregenden Kollaborationen, unter anderem mit Ólafur Arnalds im Musikprojekt Kiasmos, fand sich 2019 mit „Vín“ Rasmussens Solodebüt im Plattenregal wieder. Wenige Jahre später bietet die nun vorliegende EP „Slóð“ drei kompakte Stücke an, mit denen der Färinger jeweils verschiedene Aspekte seiner elektronischen Musik in den Vordergrund stellt.

Das entspannte „Ærð“ leitet mit kurzem Klaviergeklimper ein, das sich alsbald geschmeidig in den Hintergrund einfügt, um den Lead-Melodien der Synthesizer Vortritt zu lassen. Mit der Entspannung ist es aber kurz darauf vorbei. „Hegn“ beschwört düstere Bässe herbei und findet seinen Höhepunkt in einer Kaskade von Synthesizermelodien. „Slóð“, der Titeltrack, klingt dagegen wie eine Mischung der vorangegangenen Tracks – mit düsteren Bässen wie in „Hegn“, aber auch der Ruhe, die „Ærð“ ausmacht.

Gespannt sein dürfte man, ob Rasmussen seiner kurzweiligen EP in Zukunft ein weiteres Album folgen lassen wird. „Slóð“ weiß qualitativ zu gefallen und entwickelt, trotz kurzer Laufzeit, genügend Ideen, die die EP abwechslungsreich und spannend machen.

VÖ: 23. September 2022 via Ki Records