Text: Christoph Walter, 19. Februar 2021

Auf dem Höhepunkt des CD-Zeitalters gehörte es fast schon zum guten Ton, die knapp 80 Minuten, die einem an Speicherplatz zur Verfügung standen, möglichst vollständig auszunutzen. Die Folge waren Alben, auf denen man die wenigen Perlen unter gerne einmal 18 ellenlangen Songs mit der Lupe suchen musste. Wie erfreulich es ist, dass diese Unsitte mittlerweile fast ausgestorben ist, ruft einem „Cool Dry Place“ von Katy Kirby einmal mehr in Erinnerung.

Qualität geht beim Debütalbum der Texanerin nämlich ganz klar vor Quantität. Warum auch ein Album unnötig überfrachten, wenn man auch mit neun Songs und in weniger als einer halben Stunde einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen kann? Vom sehr spartanischen, extrakurzen Eröffnungsstück „Eyelids“ an beweist Katy Kirby — unter anderem vom Paste Magazine in die Liste der interessantesten Newcomerinnen des Jahres 2020 aufgenommen — dass die zahlreichen Vorschusslorbeeren keineswegs fehl am Platz waren. Mal erinnert ihr gerne mit leichtfüßigen Refrains ausgestatteter Indie-Pop an Regina Spektor, bei ruhigeren Stücken wie „Tap Twice“ oder „Portals“ und der Fähigkeit, in kurzer Zeit gute Geschichten zu erzählen, drängt sich dagegen eher der Vergleich mit Phoebe Bridgers auf.

Und als hätte es noch einen allerletzten Beweis für Katy Kirbys Klasse gebraucht, bedient sie sich in „Secret Language“ sehr charmant an Leonard Cohens „Hallelujah“ und schafft es tatsächlich, dem dutzendfach phantasielos gecoverten Klassiker etwas Neues hinzuzufügen. Wunderbar!

VÖ: 19. Februar 2021 via Keeled Scales