Text: Christoph Walter, 03. September 2021

Als stiller Zeitgenosse mit einem Hang zum Schwermut machte Keaton Henson noch nie allzu viel Wirbel um sich selbst oder seine Musik. Mit der EP „Fragments“ allerdings setzt der Engländer dem Understatement nun die Krone auf. Nur knapp ein Jahr nach dem letzten Album „Monument“ erschienen, könnte man vermuten, es handelt sich bei der EP um eine Sammlung von Stücken, die während der Aufnahmen zur Platte liegengeblieben oder eben während der langen, Pandemie-bedingten Konzertpause entstanden sind. Beiwerk also, das sich mitunter ganz nett anhört, aber letzten Endes eher verzichtbar ist. Der Opener „A Cassette Interlude“ scheint diese Vermutung dann auch tatsächlich zu bestätigen — ein hübscher, aber etwas unfertiger Song mit ein paar Streichern und improvisierter Tapedeck-Atmosphäre.

Danach allerdings zeigt die mit insgesamt acht Stücken und einer gut halbstündigen Laufzeit gar nicht so kurze EP ihr wahres Gesicht. Von wegen „Fragments“ — minimalistische, aber dennoch ausgefeilte Songs von teilweise hinreißender Schönheit präsentiert Keaton Henson da. Die melancholische Grundstimmung ähnelt zwar noch ein wenig „Monument“, aber trotzdem ist das hier unverkennbar ein neues, eigenständiges Werk.

Wohl dem, der wie Keaton Henson mit so viel Talent gesegnet ist, dass er etwa die ergreifende Americana-Ballade „Before Growing Old“ oder „Marionette“, ein phantastisches Duett mit Julien Baker, bei dem man sich unweigerlich an Lisa Hannigan und Damien Rice erinnert fühlt, einfach mal so auf einer kleinen „Zwischendrin“-Platte veröffentlichen kann. Und welch ein Glück für uns, dass wir diese Songs hören dürfen!

VÖ: 03. September 2021 via PIAS