Text: Christoph Walter, 26. Juni 2020

Vom staubigen Highway, auf dem sie zuletzt auf ihrer gemeinsamen EP mit dem großartigen Soulsänger Leon Bridges unterwegs waren, sind Khruangbin inzwischen abgebogen und nähern sich wieder den altbekannten Straßen ihres Viertels. Wobei das nicht ganz stimmt, denn ein paar Neuerungen hat die Band aus Houston auf ihrem neuen Album „Mordechai“ natürlich schon eingebaut. Die auffälligste davon ist ohne Zweifel der vielsprachige Gesang, der auf nahezu allen Stücken der Platte zu hören ist. Anders als bei den Songs auf der EP „Texas Sun“ ist dieser aber weniger ein Kernelement von „Mordechai“, sondern eher ein willkommenes Mittel, um den Instrumentals eine weitere Ebene hinzuzufügen.

Das geht gut auf, denn „Mordechai“ klingt gewitzt und einfallsreich, ohne sich vom gewohnten Khruangbin’schen Stilmix zu entfernen. So entführt einen die neue Platte ins lebhafte Multikultiviertel einer Großstadt während heißer Sommertage mit flirrendem Asphalt, Wassereis und aufgedrehten Hydranten, irgendwann in den Siebzigern. Mal wird es funkig wie in „Time (You And I)“, mal mischt sich ein ausgedehntes Gitarrensolo („Father Bird, Mother Bird“) zwischen lateinamerikanische, karibische und afrikanische Klänge. Und später, wenn die Sonne langsam untergeht und die Temperaturen erträglich werden, tanzen alle gemeinsam zu „So We Don’t Forget“ in die Nacht.

Ein urbaneres Sommeralbum als „Mordechai“ dürfte sich dieses Jahr nicht finden lassen.

VÖ: 26. Juni 2020 via Dead Oceans