Text: Christian Selzer, 11. September 2019

Stuttgart, das Seattle Schwabens (hust), tat sich in den letzten Jahren als Geburtsstätte zahlreicher Bands hervor, die mit lärmenden Gitarren und deutschen Texten die Miesepetrigkeit zelebrierten. Die Nerven, Human Abfall oder Karies beispielsweise fanden hier einen hervorragenden Nährboden, bevor sie bundesweit bekannt wurden. Es verwundert also kaum, dass mit Knife Eyes nun eine weitere Stuttgarter Kombo in den Startlöchern steht, um mit ihrer Musik ein lautes Ausrufezeichen zu setzen. Zwar lässt das Quartett auf seiner Debüt-EP „Gewirr” weniger Noise-Gewitter aufziehen, als die zuvor genannten Bands. Stattdessen verweben Knife Eyes vertrackten Screamo und kühle New-Wave-Romantik präzise miteinander. Das Resultat ist eine ganz eigene Interpretation von Post-Punk, die dem Sound der Stadt eine neue Facette hinzufügt.

Im Zentrum der düsteren, aber energiegeladenen Songs stehen die sinister vorgetragenen Lyrics. Zeilen wie „Dein Schatten lauert / immer über mir / wie ein Leichentuch” holen sich ihre Inspiration beim Sturz in menschliche Abgründe. Und während die Texte kalte Schauer über den Rücken jagen, zerteilen kratzige Gitarren die Luft wie rostige Messer. Gefühlsklippen werden bei Knife Eyes nicht umschifft, sondern frontal gerammt. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, haben Knife Eyes immer noch genügend Konfetti im Ärmel, um jederzeit eine gute Untergangsparty schmeißen zu können. Denn Melodie und düstere Töne halten sich die Waage, die Neigung der Band zu großen Refrains zieht sich wie ein roter Faden durch die Songs. „Spürst du die Euphorie?“, fragen Knife Eyes im gleichnamigen Opener-Song. Die Antwort lautet: Verdammt ja, wenn sie so eng mit filigranem Weltschmerz verzahnt ist wie hier.

VÖ: 30. August 2019 via Knife Eyes