Text: Maximilian Heß, 22. Januar 2021

Kreisky ist eine dieser Bands, die im Abebben der Wiener Weirdopop-Welle Mitte der 2010er erstmals Bundesdeutsche Aufmerksamkeit erfuhren, obwohl sie da schon mehr als ein Jahrzehnt Musik machten. Und nicht nur damit, auch mit ihrem Stil sind Kreisky durch und durch Wiener Subkultur-Urgesteine. Es wäre allerdings falsch, das Quartett als eine weitere Obskurität aus der Alpenrepublik abzutun, wie ihr neues Album “Atlantis” beweist.

Anders als assoziierte Acts wie Garish oder Der Nino aus Wien ist das musikalische Grundkonzept von Kreisky wesentlich energetischer und auch wilder. Live verkörpert diese Attitüde keiner so gut wie Sänger Franz Wenzel. Und auch die Instrumentals, die in ihren lauten Momenten an Punk heranreichen aber ihre Komfortzone dort haben, wo Falco aufgehört hat, bereiten auf “Atlantis” einen Weg für ein Album, das in der Tradition von Kreisky gleichwohl als Revolte und Groteske zu verstehen ist. Es ist die, für Kreisky typische, manchmal schamlos theatralisch anmutende Dada-Rhetorik, die Songs wie “Abfahrt Slalom Super G” prägt.

Kreiskys Texte sind für angetrunkene Kneipen-Punks genauso zugänglich wie für den Feuilleton-Denker in Cordhose. “Ich finde keine Sprache” singt Wenzel in “Meine Zunge ist leer” und bringt es damit auf den Punkt. Kreisky pendelt zwischen angetrunkener Stänkerei gegen scheinbar willkürliche Ärgerlichkeiten eines imaginären Alltags und lustvoller Zuspitzung wirrer Textmotive, untermalt von rhytmusorientiertem Retro-Indierocksound mit Wiener Prägung.

“Atlantis”, konzipiert als eine Art Schatzsuche, ist dabei eine logische Weiterentwicklung von “Blitz”, dem 2018 erschienenen, bisher erfolgreichsten Album der Band. Geradezu routiniert spielen sich die Wiener durch die acht neuen Tracks, das als Highlight des Albums konzipierte “Wenn einer sagt” ausgenommen. Dabei bleibt der Sound auf verschrobene Art und Weise eskapistisch und angepasst zugleich. “Atlantis” ist rauer Austro-Pop mit großer Lust an Unkonventionellem. Ist das paradox? Vielleicht. Zu Kreisky passt dieser Widerspruch allerdings perfekt.

18.05.2022 (AT) Graz – Dom im Berg
19.05.2022 (AT) St. Pölten – Cinema Paradiso
20.05.2022 (AT) Steyr – Röda
21.05.2022 (AT) Innsbruck – PMK Open Air
26.05.2022 München – Milla
27.05.2022 (AT) Linz – Stadtwerkstatt
28.05.2022 (AT) Wien – Fluc

VÖ: 22. Januar 2021 via Wohnzimer Records