Text: Oliver Schröder, 05. März 2018

Liebling, ich hab‘ den Blechbläser geschrumpft! Sonst auch beim ehrenwerten Alien Ensemble als Posaunist tätig, legt Mathias Götz hier sein zweites Soloalbum unter dem so vielsagenden Pseudonym Le Millipede vor. Der Name passt aus zwei Gründen hervorragend, denn erstens kann man sich beim Hören der Songs bildlich vorstellen, wie Goetz zwischen den Instrumenten und Geräten insektengleich umherflitzt. Dabei wird mal hier gedreht, mal dort gezogen und irgendwo anders geklopft oder geblasen. An anderer Stelle wird sogar gesungen – oder zumindest gesummt.

Die 13 Stücke besitzen, zweitens, eine bizarr-eigentümliche, wuselig-krabbelige Atmosphäre wie eine Sommerwiese beim Frühlingserwachen. Mit Klavier, Glockenspiel, Melodica, vielen Schlaginstrumenten und allerhand Elektrischem löst Götz sich von gängigen Popformaten, obwohl sich die meisten Songs innerhalb des vertrauten Drei-Minuten-Spektrums bewegen. Dieses ganze Drumherum scheint ihn aber eh kaum zu interessieren, er kommt vielmehr mit seinem altmodischen Hörrohr ganz nah an Kleinigkeiten heran und präsentiert eine Welt, die ohne genaues Zuhören kaum wahrnehmbar wäre: Es gluckst, brummt und klingelt unentwegt. Diese kinderbuchartigen Szenen haben dann auch noch so erwachsene, staubtrockene Titel wie „Brennelementesteuer“, „Kafka“ oder „Major Magnus“.

Götz schickt uns also auf Mini-Exkursionen durch Gewohntes und Vertrautes, das aber alleine schon durch die Tausendfüßlerperspektive überraschend merkwürdig wirkt. Dass “The Sun Has No Money” quasi komplett solo eingespielt wurde, hört man dem Album trotz seiner tausend Facetten deutlich an. So detailliert und selbstversunken kann man fast nur alleine arbeiten.

VÖ: 02. März 2018 via Alien Transistor