Text: Oliver Schröder, 16. November 2021

Last man on earth: Lee Ranaldos Platte ist eine nachgelieferte Momentaufnahme aus dem Auge des Pandemie-Hurrikans. Stillstand, Isolation, Apokalypse – „In Virus Times“ bringt dieses Gefühl auf den Punkt. Aber nicht dramatisch aufgebläht, sondern ganz bescheiden und humble.

This recording began on an evening in September 2020, stuck at home in lower Manhattan during the dark days of the Covid-19 pandemic as we came out of a deadly summer.

Ranaldo lässt seine Akkorde einfach in der leergefegten Einsamkeit der Häuserschluchten verhallen. Zwischendurch hört man Polizeisirenen, aber ansonsten ist die Metropole verstummt. Der Effekt ist gespenstisch und tröstend zugleich. Was bleibt ist ein Mann und seine Gitarre. Gleichzeitig apokalyptischer Filmscore und einsame Fingerübung eines Eremiten, der noch nicht weiß, ob sich das Leben, das er kannte, jemals wiederherstellen lassen würde. Über ein Jahr später wird über die Sehnsucht nach Normalität weiterhin gestritten. Vor diesem Hintergrund erscheint „In Virus Times“ umso eindringlicher.

Auch wenn das Stück unterwegs über Kopfhörer wohlmöglich eine ganz besonders entrückende Wirkung entfaltet, ist „In Virus Times“ nicht darauf ausgelegt, als digitale Datei über den Äther zu surren: vier namenlose Teile auf transparent türkisen Vinyl, das auf der B-Seite mit einem von Ranaldo selbst entworfenen Etching versehen ist. Das eindrucksvolle Cover wurde von der brasilianischen Fotografin Anna Paula Bogaciovas beigesteuert. Zudem ist die Erstauflage auch noch limitiert und nummeriert – diese Platte muss man wohl einfach in den Händen halten, um sie vollständig begreifen zu können.

VÖ: 12. November 2021 via Mute