Text: Tim Brügmann, 27. August 2018

The nightporter has returned and brought a friend. Mark Lanegan ist ein Grunge-Urgestein und tragischerweise auch ein Veteran einer Zeit, die kaum mehr lebende Akteure aufweist. Lange Jahre nach dem Ende seiner Band Screaming Trees selbst ein Wrack hat sich der stoische Hüne aus Washington Stück für Stück aus whiskeygetränkten Gewässern zurück ans Licht gekämpft. Seit seines Gastspiels bei den Queens of the Stone Age ist er seit den frühen 00er Jahren wieder in aller Munde, wird von UNKLE bis Moby gefeatured, nahm mit den Soulsavers und Isobell Campbell diverse Alben auf und gründete schließlich mit Afghan Wigs Frontmann Greg Dulli die Twilight Singers.

Als festes Bestandteil der Desert Scene um Josh Homme und alternder Grunge-Herone ist es bei gleichbleibender Qualität seiner unverwechselbaren Grabesstimme gerade seine wiedererlangte Offenheit für Neues, die ihn derzeit zu einem der spannendsten Künstler im Fahrwasser von Blues, Soul, Krautrock und sogar Electro macht. 2013 gelang ihm zusammen mit dem Londoner Multi-Instrumentalisten und gleichermaßen Blues-begabten Duke Garwood ein Geniestreich mit dem Namen „Black Pudding“. Knappe fünf Jahre später und die eigene Live-Band um eben jenen Duke erweitert, liefern die beiden Seelenverwandten Lanegan und Garwood mit „With Animals“ nun ihren zweiten Coup voll schwermütiger Melancholie. Mal dezent akustisch, dann wieder schwer atmosphärisch schickt das US/UK-Duo zwölf nachtaktive Lo-Fi-Oden an die tragischen Seiten des Lebens ins Rennen, verlieren dabei aber auch ihren Blick auf die bittersüße Hoffnung in der Ferne nie aus den Augen. Und ganz nebenbei gehören schon jetzt Songs wie „Save Me“, „Desert Song“ und der Titeltrack zu den stärksten Beiträgen in Lanegans Mammut-Oeuvre.

Wie auch schon auf seinen beiden letzten Solo-Alben instrumentiert Garwood diese zwölf Mitternachts-Musiken souverän mit allen Wassern, die sein Repertoire hergibt. Während sich auf der einen Hälfte der Songs ein mit Sternen übersätes Firmament über der nächtlichen Wüste aufbaut, greift der Londoner anderswo zu Saxophon und der fast schon zu seinem Trademark gewordene Hawaiianischen Todesgitarre. Ob nun Alchemist oder Schamane, Garwoods unbeschreibliches Fingergefühl wird beim Hören der slow-smoothen Saitenläufe fast schon sichtbar. Und wer ihn schon einmal live erleben durfte, weiß: er umschmeichelt die Gitarre tatsächlich so wie es auf „With Animals“ zu hören ist.

Altgediente Lanegan Fans denen die jüngsten Solo-Platten vielleicht ein wenig zu Synthie-lastig und krautig waren, erleben mit diesem gemeinsamen Werk ein wahres Heimspiel. Aber auch all die, die sich einen Nachschlag vom „Black Pudding“ gewünscht haben, freuen sich über eine konsequente Fortsetzung. In jedem Fall ist den beiden Soul-Brüdern Garwood und Lanegan mit „With Animals“ ein wahrlich unheimliches Album gelungen. Unheimlich atmosphärisch zwingt es zum Hinsetzen und Zuhören. Intensität durch Simplizität.

12.10.2018 Köln – Gloria

VÖ: 24. August.2018 via Heavenly Recordings