Text: Oliver Schröder, 08. November 2021

Shiitake, Morcheln und Enoki: Während die Pilze nacheinander mit den anderen Zutaten einweichen, beginnt der Musiker sein Workout auf dem Laufband. Im Verlauf der folgenden fünf Minuten erhitzen sich beide. Es fängt an zu brodeln, es kocht. Sichtlich verschwitzt fällt Lindermayer am Ende aus dem Bild. Was bleibt, ist ein aromatisch duftendes Gericht, das sich aus den behutsam miteinander verbundenen Zutaten ergibt.

Schon alleine, dass es überhaupt ein Video gibt, das über die genretypischen Darstellungen von Liveauftritten hinausgeht, zeigt, dass Matthias Lindermayr offen für neue Wege ist. Das Vorabvideo zu „Triptych“ fasst die Herangehensweise des Münchner Trompeters vortrefflich zusammen: Hier werden Grenzen überschritten, nicht mit Knalleffekt und großer Show, sondern ganz subtil und selbstverständlich. Fusion heißt das Zauberwort. Zusammen mit Philipp Schiepek an der Akustikgitarre und dem Fazer-Mitstreiter Simon Popp an den Percussions gelingt eine ausbalancierte Einfachheit – beruhigend und anregend zugleich. Letzterer leitet die knapp halbstündige Zeremonie ein und erweckt damit einen Mikrokosmos an Eindrücken und Emotionen zum Leben. Lindermayrs Liebe zu Miles Davis‘ „Bitches Brew“ ist dabei ebenso deutlich zu spüren („Simmering“) wie der Wille, sich vom üblichen Kanon zu lösen und eigene Wege zu gehen.

Weit entfernt von den glatten Smooth-Jazz-Playlisten, die die Wohlfühlnischen der Streaming Portale massenhaft überschwemmen, ist „Trytipch“ intim und eigensinnig, aber entspannt genug, dem Hörer genügend Freiraum zu lassen, sich ein eigenes Bild zu machen. Wie jede Squama-Veröffentlichung sollte auch Lindermayrs Album am besten auf Vinyl gehört werden.

VÖ: 05. November 2021 via Squama