Text: Alex Schulz, 02. November 2020

Liebe Freunde des guten Geschmacks! Ich denke wir sind uns alle einig: wenn eine Band im zarten Alter von 15 bis 20 Jahren bereits die erste Alternative-Platte raus hatte, deswegen beim Primavera Sound Festival gebucht wurde und dort in einem Bandportrait lässig in Shirts von Dinosaur Jr über das Gelände flanierte – dann hat diese schon früh so einiges richtig gemacht – im Leben sowie in der Karriere.

So geschehen im Jahr 2015 bei der Band Mourn. Die noch immer blutjunge Gruppe besticht weiter durch außergewöhnliche Ausgangsbedingungen: Sie hat ein Signing beim kanadischen Indie-Label Captured Tracks in der Tasche, was sie zu Labelkollegen von Mac DeMarco macht. Sie gründete sich aus zwei Schulfreundinnen (Gitarren und Vocals), einer Schwester der beiden (Bass) und einem gemeinsamen Schulfreund (Drums). Sie texten auf Englisch, kommen aber aus Katalonien und sind in der spanischen Hardcore-Szene sozialisiert. Sie selbst gehen musikalisch auf PJ Harvey, Patti Smith, Sebadoh und Sleater Kinney zurück. Zu guter Letzt: sie haben drei LPs veröffentlicht und eine weitere in den Startlöchern. Schon an dieser Stelle gibt es Sympathiepunkte an allen Ecken und Enden zu verteilen. Wer dann noch auf das Cover von The Cures „Jumping Someone Else’s Train“ stößt, kann gar nicht anders, als den jungen Spanier*innen einen guten Stil zu konstatieren.

So gereift das alles für zunächst klingt, so normal ist es dennoch, dass die Band sich textlich an eigens gelebten Inhalten wie Coming-of-Age, ersten Beziehungen oder dem Machismo auf dem neuen Album „Self Worth“ abarbeitet. Bis auf Letzteres mag das thematisch für nicht mehr für alle relevant sein. Spannend ist aber auch vielmehr das Gesamtpaket, das einem mit Schwung auf die Füße gedonnert wird. Die vier Absender liefern hier definitiv ab. Verpackt in einem wilden Mix unterschiedlicher Stile der Alternative-Heroen wird sicherlich viel Tribut an die Inspirationsquellen aus den Neunzigern gezollt. Die authentische Arbeit an der Gitarre und die apathisch bis energischen Vocals kauft man der Band aber auch schnell auf ihre Rechnung ab. Die Drums sind oftmals treibender und komplexer als auf den anfänglichen Alben. Der Grund dafür ist der Austausch des Drummers, der somit keine Randnotiz bleibt.

Das Album beginnt leicht pop-punkig mit „This Feeling Is Disgusting“, hat seinen Höhepunkt kurz nach der Mitte mit „Stay There“, mutiert später zu einem überzeugenden Punksong „Apathy“ und schließt mit einer nachdenklicheren Nummer ab „The Family‘s Broke“. Mourn bringen mit „Self Worth“ ein in Summe lautes, offensives Album für das man sie weder als musikalische Wunderkinder handeln kann noch in der Versenkung verschwinden lassen wird. Es schön, den Werdegang der Band als offensichtliche Fans des Alternative-Genre zu verfolgen und es lässt sich resümieren: früh übt sich und es lohnt sich!

VÖ: 30. Oktober 2020 via Captured Tracks