Text: Maximilian Heß, 31. Januar 2022

Achtung, es folgt eine Nachricht für Freunde von komischen Band- und Albumnamen: Die Künstlerin Nichtseattle hat ihr neues Album “Kommunistenlibido” für den April angekündigt. Außerdem hat die gebürtige Berlinerin mit “Ein Freund” die erste dazugehörige Single veröffentlicht. Nichtseattle – selten war es so einfach, eine Künstlerin nur aufgrund der Namensreferenz in der Poplandschaft zu verorten. Nichtseattle ist eine kaum verhohlene Anspielung auf den Hamburger-Schule-Klassiker “Wir sind nicht in Seattle, Dirk” von Tocotronic. “Ein Freund” klingt dann aber weniger nach den frühen Tocotronic, geschweige denn nach den aktuellen – zum Glück!

“Ein Freund” ist ein reduziertes Stück: Eine Gitarre, ein paar Akzente mit dem Flügelhorn, kein Beat, kein Bass. Darauf singt Nichtseattle, mit einem Timbre, das an tiefen Stellen an Stella Sommer von Die Heiterkeit und in den größten Momenten an Sophie Hunger erinnert. “Es gibt hier wirklich niemand, der irgendetwas weiß.” singt Nichtseattle. Prägnant formulieren gehört definitiv zu ihren Stärken. Kontrastiert wird der sehr nachdenkliche und stille Stil der Single von dem dazugehörigen Video. In dem tanzt Nichtseattle vor der Statue von Karl Marx, dabei wirken jedoch weder der Tanzstil noch ihr Takt als würde sie ihre Single hören, sondern eher ein Punk-Stück. Das irritiert, auf positive Weise und vermittelt mehr von der Künstlerin, als viele andere Videos im Genre.

Allgemein fällt auf, dass sich die Künstlerin Nichtseattle keine große Mühe gibt, sich hinter der Anonymität ihres sperrigen Künstlernamens zu verstecken. Im Gegenteil: Selbst im Text der Single kommt kurz ihr bürgerlicher Name “Katharina” vor. “Kathi, komm lass doch die ganze Wühlerei.”, diesen Rat wünscht sich Nichtseattle vom titelgebenden Freund. Es ist eine sehr authentische Art, die eigene Persönlichkeit in der Musik zu zeigen, den Nichtseattle einschlägt. Es wirkt nicht anbiedernd oder effekthaschend, sondern man nimmt ihr einfach ab, dass “Ein Freund” – so abgedroschen es klingt – von Herzen kommt. Und damit hat sie ja dann am Ende doch noch was mit “Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk” gemein.

VÖ: 29. April 2022 via Staatsakt