Text: Nico Beinke, 01. September 2021

Quo Vadis? Nils Petter Molværs Debüt „Khmer“ nahm den Weg, den er beschreiten sollte vorweg, und führt ihn auf eine ganz besondere Weise immer mal wieder zum Ausgangspunkt zurück. Die 1990er-Jahre sind gerade ein wichtiger musikalischer Referenzpunkt und somit „Khmer“ (1997) mittendrin im momentanen Zeitgeschehen. Die Fusion aus Jazz und Elektronik war dabei eigentlich immer zu sehr Nische, als dass Molvær sich Anbiederungsversuche an den Zeitgeist gefallen lassen müsste, denn er war – ganz im Zeichen seines größten Vorbildes Miles Davis – seiner Zeit voraus.

In einer vielmehr typischen Band-Besetzung (Gitarre, Bass und Schlagzeug) sticht das ätherische Trompetenspiel des Norwegers während „Stitches“ sehr hervor und irgendwo konterkariert es den durchaus flotten Aufgalopp zwischen 90er-Jungle-Beats und dem dröhnenden Bass-Dubstep durch seine entrückte Spielweise. Das kennt der geneigte Hörer des Molværschen Œuvres bereits und kurz war ich geneigt, ihm daraus einen Strick drehen zu wollen, bis mich an siebter Stelle „Angels Ahead“ davon abbrachte. Denn es gibt sie, die kleinen Nuancen, die aufhorchen lassen, wenn sich zum bereits erwähnten Dub, Drones und Noise-Elemente gesellen, die mich an das „Cargo“ benannte Meisterwerk der Sofa Surfers erinnern. Was ebenfalls neu und anders ist: die Slide-Guitar von Johann Lindstrøm, die oft weniger nach Country und Western klingt, sondern so auch auf Hawaii erklingen könnte. Das war auch immer die große Stärke dieser Fusion – sie klang und klingt im besten Sinne nach World Music ohne dabei ethnische Klischees zu bedienen.

Und noch einmal zum vorangestellten Quo Vadis? Irgendwie ist es dann auch egal, ob er sich nochmal ein ganz neues Genre erfindet, Nils Petter Molvær hat schon immer soviel richtig gemacht, dass ein ganz klein bisschen stilistischer Stillstand schnell verziehen ist.

VÖ: 27. Februar 2021 via Modern Recordings