Text: Matthias Eichler, 15. Juni 2021

One Arm gründete sich 1992 in Paris als eine Girl-Band, die in allen namen- und unnamenhaften No-Wave Post-Rock Noise Venues in Frankreich unterwegs waren und sich die Bühne mit Größen wie unter anderem Sonic Youth, Dog-Faced Hermans, The Ex und Moonshake teilten. Dabei kamen sie auch außerhalb Frankreichs gut rum, tourten eine ganze Weile durch England, Schweiz, Belgien, Holland und Deutschland und machten viel von sich reden.

Ihr All-Female Abenteuer endete 1997 vorerst mit einer Pause, die sich 1998 in einen Neustart wandelt — mit dem Vorhaben ihr bisher musikalisches Repertoire aufgefrischt aufzunehmen. Mit dem Neustart kamen auch die zwei neuen Bandmitglieder Dilip (Drums/Ex-Coronados) und Rico (Bass) in die Band, die die eher ungewöhnliche Besetzung mit zweimal Bassgitarre und zweimal Drums vervollständigt. Nun also ihr lange vor sich hergeschobenes Debütalbum „Mysore Pak“.

Das Albumcover mit einer in bajaderischem Gewand eingehüllten jungen Frau lässt erste visuelle Konnotationen aufploppen — orientalische Mystik, geheimnisumwobene Legenden der Bajadere und hypnotisch anmutende, tranceartige Stimmung, die sich in einem psychedelischen Fieber wiederfindet. Experimentierfreudige Kinderchor-, Mantra-flüsternde Samples und eine oft mehrfach übereinander gelegte harmonisch-seicht hervorgetragene weibliche Stimme bilden hier die Botschaftsebene zu ihren freigiebigen Effekt-Einsätzen von Delay und Hall, die den träumenden psychedelischen Charakter widerhallen lassen. Synthesizer und Keyboard-Einsätze, diverse Percussions, E-Drums und eine einfangende Atmosphäre früherer Post-Punk und New Wave Sachen hinterlässt den lange schon vermissten Geschmack an eine 50/50 Mischung aus Add N To (X) und den Cocteau Twins.

Ja, das alles liegt tatsächlich in One Arms musikalischer Polyvalenz, die sich mühelos aus dem Griff sonst so fesselnder Genre-Schubladen entwindet. Ein Album um beinahe jede menschenmögliche Stimmung zu bedienen? Bitteschön.

VÖ: 18. Juni 2021 via Atypeek Music