Text: Julian Tröndle, 09. März 2021

Der US-Musiker Jeremy Earl ist glücklicherweise ein chronisch ruheloser Geist: Mit seiner Band Woods hat er in den vergangenen 13 Jahren nicht nur einige der schönsten Psych-Folk-Alben der jüngeren Musikgeschichte veröffentlicht; wir verdanken ihm auch die musikalische Rahmung des schmerzhaften David-Berman-Manifests „Purple Mountains“. Vor der Pandemie kuratierte Earl zudem ein eigenes Musikfestival und betreibt das Label Woodsist Records, bei dem neben der Musik seiner Band auch der Lo-Fi-Folk der Skygreen Leopards um den Songwriter Glenn Donaldson erscheint. Dass es sich bei dieser Zusammenarbeit nicht um ein reines Dienstleister-Arrangement handelt, zeigt sich nun auf dem ersten gemeinsamen Album von Earl und Donaldson, das im Frühjahr unter dem Namen Painted Shrines erscheint.

Trotz der freundschaftlichen Beziehung offenbaren bereits die ersten Takte des gleichnamigen Debüts, wessen musikalische Signatur sich bei ihrer Kollaboration als dominant erweist. Zwar erinnern seltene Momente wie das kurze Instrumental „Soft Wasp“ hier und da auch an die Ästhetik von Donaldsons Space-Rock-Zweitprojekt The Reds, Pinks & Purples; insgesamt ist das Album allerdings von der vertrauten Earlschen Melancholie durchdrungen, die sich zu gleichen Teilen aus seinem wärmendem Falsett und einem nostalgisch-knisternden Analog-Gewebe speist. Tatsächlich erinnert die Platte stellenweise so sehr an die Musik der Woods, dass man sich zwischenzeitlich gar bei der Frage ertappt, ob für die zwölf Songs unbedingt ein Nebenprojekt notwendig gewesen wäre.

Eine – zugegeben – latent bösartige Vermutung hinsichtlich der zwanglosen Existenz der Painted Shrines wäre die folgende: Earl verzichtete hier bewusst auf das Woods-Qualitätssiegel, da ihm dafür selbst die zwingenden Melodien fehlten, welche insbesondere das letzte Album seiner Hauptband „Strange To Explain“ zu einem Highlight des vergangenen Musikjahres machten. Denn während in einigen Momenten wie in der Vorab-Single „Gone“ oder dem Opener „Saturates The Eye“ durchaus sein gewohnt zeit- und makelloses Songwriting aufblitzt, bleiben andere Songs leider eigenartig schemenhaft: Das fahrige Instrumental „The BZC“ und der letztlich ebenfalls konturlose Song „Fool“ leiten dann endgültig ein schwächelndes letztes Albumdrittel ohne bleibenden Nachklang ein. Am Ende des Jahres wird „Painted Shrines“ selbstverständlich dennoch zu den besten Platten seines Genres zählen. Denn immerhin lässt sich die Platte durch einen frühzeitigen Abbruch in eine durchschnittliche (ergo: großartige) Woods EP verwandeln – Siegel hin oder her.

VÖ: 05. März 2021 via Woodsist