Text: Maximilian Heß, 25. Juni 2021

Irgendwas muss der Großraum Stuttgart an sich haben, dass er junge Musikschaffende wütend und ein wenig wunderlich macht. Vielleicht liegt es an der schlechten Luft, oder an dem ewigen Streit um den Bahnhof. Aber Stuttgart ist seit Jahren verlässlicher Lieferant neuer Post-Punk- und Pop-Acts, zwischen Karies, Human Abfall und Die Nerven. Aus deren Umfeld stammt auch die Band Peter Muffin Trio, die mit “Stuttgart 21” jetzt ihr Debütalbum veröffentlicht hat.

Das Peter Muffin Trio besteht aus Julian Knoth (Die Nerven), seinem Bruder Philipp (Timbeau) und Caroline d’Orville (Zirkel) und mutet alleine ob der Besetzung ein bisschen als Post-Punk-Stuttgart-Supergroup an. Peter Muffin ist dabei nicht neu, 2017 hat Julian Knoth unter diesem Namen bereits eine Solo-EP veröffentlicht, zum Debütalbum ist die Band nun also auf ein Trio gewachsen.

Musikalisch kann “Stuttgart 21” seine Vorbilder kaum leugnen und will das auch nicht. Songs, wie beispielsweise das grandiose “Winter” sind klassische Stuttgart-Post-Punk Songs, die so oder so ähnlich auch von Die Nerven hätten sein können. Anders als Kollege Max Rieger, der mit seinem Nebenprojekt All Diese Gewalt deutlich elektronische Töne setzt, bleibt das Trio um Knoth der Post-Punk-Formel überwiegend treu: Verzerrte Gitarren, noisige Drums, Bass und Beat tragen Songs über untragbare Zustände der Gegenwart. Das ist im besten Sinne Standardkost.

Das bedeutet aber nicht, dass das Album zu sehr Einheitsbrei geworden ist. Immer wagt das Trio kleinere und größere Experimente. Sei es das auf einem irritierend anmutenden Gitarrenlick und Clap-Beats basierende “Zu Tun” oder der Opener “An Allen Tagen”, der klingt als hätte man einen Akustik-Auftritt der Band mit einem Smartphone aufgenommen. Es ist nicht selbstverständlich und deshalb umso erfreulicher, dass Peter Muffin die Balance, zwischen den klassischen Konventionen des Genres und mutigen Variationen, findet.

Genau diese Balance macht “Stuttgart 21” zu mehr als nur einem sehr guten Genre-Album. Nicht nur klassische Post-Punk-Fundamentalist*innen werden an diesem Album Spaß haben, sondern auch all jene, die dem “wütende junge Schwaben mit Gitarre”-Genre nur begrenzt etwas abgewinnen können, aber grundsätzlich Bock auf deutschsprachigen Pop haben. Paradoxerweise schafft “Stuttgart 21” es also, konventionell genug zu sein für die Traditionalist*innen und außergewöhnlich genug für interessierte Neulinge. Aber auch diese Paradoxie ist ein klassisch Stuttgarter Attribut, man nehme nur die letzte Die Nerven-Platte. Insofern ist “Stuttgart 21” ein Album, das hält, was der Titel verspricht: Der Sound von Stuttgart, ‘21.

28.07.2021 Stuttgart – Im Wizemann
30.07.2021 Karlsruhe – AKK Toujours Kultur Sommer
13.11.2021 Basel – Hirscheneck

VÖ: 25. Juni 2021 via Glitterhouse Records