Text: Christian Selzer, 25. Juni 2021

Drei Jahre nach seinem Debüt ist das Berliner Trio Pigeon mit seinem zweiten Longplayer „Deny All Knowledge Of Complicity” zurück. Gleich der Opener „Bad Visions” macht klar: Operiert wird immer noch am liebsten am offenen Nerv. Der Bass brummelt, die Drums scheppern, während die Gitarre mit sparsamen Licks Nadelstiche setzt. In die Schule gingen Pigeon ganz klar beim Noiserock der 90er, geschwänzt wurde jedoch regelmäßig für Postpunk und Wave.

Das Resultat ist eine aufregende Mixtur, die Monotonie als Groove verkauft und trotz distanzierter Kühle mit einem Auge immer auf die Tanzfläche schielt. Treibender Sound, ja, doch selbst wenn Pigeon richtig Krach schlagen, verlassen sie nie ihren minimalistischen Klangraum, der trotz allem große Spannungsbögen zulässt. Ohnehin ist die Platte an den Stellen am besten, an denen die Strukturen eingedampft, verdichtet und nur noch als puristische Song-Gerippe angewackelt kommen. Krachig, heftig, reduziert.

Direkt sind Pigeon aber nicht nur im Sound, sondern auch in ihren Aussagen: Der Song „Relentless” samt zugehörigem Video ist ein Statement gegen Polizeigewalt, die Platte kommt mit kleinem Fanzine. Schönes sperriges Album, das mit seiner Kombination aus Disharmonie und Harmonie Funken schlägt und dem man jeden Tropfen Herzblut anmerkt, der in ihm steckt.

11.07.2021 Leipzig – Private Space
16.07.2021 Köln – Niehler Freiheit
31.07.2021 Ovendorf – Off The Radar Festival
01.08.2021 Ovendorf – Off The Radar Festival
06.08.2021 Berlin – SO36

VÖ: 11. Juni 2021 via adagio830