Text: Stefan Killer, 19. Oktober 2022

San Lorenz? Wer ist das, werdet ihr euch fragen. Und das zurecht, existiert die Band aus Liverpool, England, doch erst seit Kurzem – auch, wenn ihre Historie schon länger währt. Irgendwann zwischen Corona-Welle eins und drölf berichtete Sänger und Gitarrist Pete in seinem Newsletter, er habe sich – wohlgemerkt erst nach einer knappen Handvoll Veröffentlichungen – über den damals aktuellen Namen der Gruppe schlau gemacht. Und dieser passe nicht zu dem, was die Band ausmache. Also, S.P.Q.R. ist tot, lang lebe San Lorenz. Oder so. Auf dem kürzlich erschienenen Debütalbum, „A Death at Sea“, bricht die Band auch mit ihren groben Anfängen.

Das Gros der Einflüsse, die aus den vorausgegangenen Singles, Livesessions, EPs bekannt sind, ist verschwunden. Wie also klingt die wiedergeborene Band, wie klingt San Lorenz? Im Vergleich zu S.P.Q.R. wirken die vier neu gemischten Mitglieder endlich angekommen. Die Basslinien grooven eigenständig, sind nicht mehr auf die Gitarre angewiesen, um ihren Charme zu entfalten. Das wird beispielsweise bei „Tightrope“ klar. Wobei vor allem bei diesem Track der markante angecrunchte Tele-Klang im Postchorus charakteristisch ist. Die Hook kommt mit Backing-„Ah“ daher, der Mix ist rund. Und klar, dann und wann umwehen auf „A Death at Sea“ auch Synthi und postpunktypische Hallfahnen die Hörenden.

Geradliniger Weird-Pop

„Adjust the Angle“ tönt wie eine Art Intro einer Telenova – jedoch so, als habe es ein kürzlich therapierter Steven Wilson komponiert. Ähnliches gilt für „Wickerman“. An der Stelle ist wichtig, zu erwähnen, dass die gestorbene Bandidentität einen Hang zu weirden Sounds und modernem Artrock hatte. Davon ist auf „A Death at Sea“ nicht mehr viel zu spüren. Doch der künstlerische Geist ist nicht weg, sondern nur anders kanalisiert. Pete und Konsortien haben ihren Sound auf ein Niveau gehoben, das manchmal an das Songwriting des gealterten Julian Casablanca erinnert. Die Band spielt geradliniger und zugänglicher. Und gleichzeitig bewahrt sie sich eine gewisse Einzigartigkeit, zumindest im Weird-Pop. Unterm Strich hat San Lorenz also den bekannten Punkzügen gekündigt und ist nun innovative DIY-Schöpferin ihres eigenen Popgewands. Der „gut punch“ ist gelungen.

VÖ: 14. Oktober 2022 via Nuthin Gud Records