Text: Christoph Walter, 08. November 2019

Etwas ist aus dem Lot geraten in Island. Dort, wo sich Künstler und Musiker einst wie in einer wundersamen Experimentierküche nahezu unbehelligt austoben konnten, ist der Verdrängungswettbewerb in vollem Gange und meist hat die lokale Subkultur das Nachsehen gegenüber der seit Jahren boomenden Tourismusbranche. Mit einer schicken Ferienwohnung für „authentische“ Reisende mit Instagram-Account und The North Face-Jacke lässt sich im Zweifel eben doch mehr Geld machen als mit Ateliers, Plattenläden oder Aufnahmestudios.

Von einem schmerzlichen, der Gentrifizierung geschuldeten Abschied erzählt auch „Sad Party“, das neue Album von Sindri Sigfússon alias Sin Fang. Das schmucke alte Studio mitten in Reykjavík, in dem die Platte innerhalb von drei Wochen aufgenommen wurde, musste angesichts steigender Mieten inzwischen dichtmachen. Dem traurigen Anlass angemessen, beginnt „Sad Party“ melancholisch und verhalten mit den flächigen Sounds des instrumentalen „Planet Arfth“. Nach dem eingängigen Dreampop von „Hollow“ zieht Sigfússon dann das Tempo kontinuierlich an, bis im treibend-verspielten „Goldenboy Is Sleeping“ doch noch so etwas wie ausgelassene Partylaune aufkommt. Spätestens ab dem nächsten Instrumental „Cloudjuice“ folgt allerdings der bittersüße Abgesang, ehe „Sad Party“ mit „Constellations“ leise ausklingt. Am Ende hilft bei so viel Abschiedsschmerz nur noch eine Umarmung. Notfalls, wie auf dem Plattencover, mit sich selbst.

VÖ: 08. November 2019 via Morr Music