Text: Alex Schulz, 18. Juni 2021

Die Band-deren-Name-eigentlich-nicht-genannt-werden-darf ist zurück! Die deutschen Indie-Lieblinge von Slut haben es sich in ihrer 27-jährigem Bandgeschichte allerdings redlich verdient jeglicher Cancel-Culture der 2020er zu entkommen. Schließlich wissen sie seit jeher den eigenen Namen mit Würde zu vertreten. Auch im Jahr 2021 kommen sie mit ihm ungeschoren und ungecancelt davon – einerseits, weil die Indiegemeinde weiß, was sie an ihrer Musik hat, und andererseits, weil ja längst mit der eigenen Namensgebung aufgeräumt wurde, wie Sänger Christian Neuburger es einst bei TV Noir in einer so lustigen wie bemerkenswerten Anekdote tat.

Neuburger, der optisch weiterhin gewissermaßen an einen etwas weniger zotteligen, aber nicht minder sympathischen Thees Uhlmann aus dem Süden erinnert, sagte einmal, ein Slut-Album müsse immer neu genug sein, um als Band damit rauskommen zu können. Dieser Anspruch bestätigt sich mit nun abermals mit der neuen Platte „Talks of Paradise“. Es ist ein feinsinniges Album, mit reduzierterem Sound als noch auf einigen seiner Vorgänger geworden. Beherbergt werden darauf elf Tracks, bei denen gerade langjährige Fans auf ihre Kosten kommen dürften. Der Opener „Good For All“ beschert mit tollen Bläsern einen starken Einstieg, der dritte Track „Belly Call“ kommt mit Musikvideo und ist so poppig wie einprägsam, auf „Fala“, in der Mitte des Albums sticht die Affinität Neuburger zur Weltmusik heraus, und, „Vandals“ an zehnter Stelle ist wieder eine echte Slut-Hymne, die schlichtweg durchzündet sowie (als womöglich stärkster Track der Platte) auf Anhieb funktioniert.

Umso schöner also, dass die Band, die sich Mitte der Neunziger im Windschatten der Weilheimer Szene zu einer beachtenswerten Indie-Größe gemausert hat, sich weiterhin und vor allem wieder zum Musikmachen entschlossen hat. Das Quartett ließ sich zuletzt in der 2010er Dekade bis heute viel Zeit und Raum für Besonnenheit ohne musikalischen Output. Ein Merkmal, dass per Definition im Grunde aber eh bei keiner Indie-Band fehlen darf. Schließlich fehlt der (negative) Druck großer Plattenlabel. „Talks of Paradise“ ist ein Release auf Lookbook, dem bandeigenen Vertrieb, und so durfte es auch ruhig ein wenig länger bis zum heutigen Erscheinungstag dauern. Unterm Strich ist es also eine Platte bodenständiger DIY-Mentalität, die mit großer Sicherheit die Fans der Band abholen wird. Ob Neueinsteiger:innen im Anschluss an daran die weitere Diskographie abhören werden, lässt sich schwer beurteilen. Aber eines ist sicher, es wäre ein Fehler, es nicht zu tun! Denn allein schon die vielen spannenden interkulturellen Projekte der Band unterstreichen ihren Wert. So vertonten die Ingolstädter bereits Brechts Dreigroschenoper, angelehnt an die Kompositionen Kurt Weills, ebenso wie das audio-literarische „Corpus Delicti“ mit Erfolgsautorin Juli Zeh.

Und übrigens, eine Tour zum Album steht auch wieder an! Wir freuen uns sehr, die folgenden Termine präsentieren zu dürfen und empfehlen mindestens einen Besuch.

29.05.2022 Köln – Gebäude 9
30.05.2022 Berlin – Hole44
31.05.2022 Hamburg – Knust
25.06.2022 München – Strom
26.06.2022 Dresden – Beatpol
08.10.2022 (AT) Wien – Chelsea

VÖ: 18. Juni 2021 via Lookbook