Text: Oliver Schröder, 14. August 2020

The future is night: Bisher ist man schon kaum um das Wort „Pathos“ herumgekommen, wenn man sich Ryan Lotts Musik nähern wollte. Bei seinen Alben ging es nie um banale Alltagsangelegenheiten. Auch diese Mal geht es ums Scheitern, Zerbrechen und Neuanfangen. Es geht ums Ganze. Seine Musik ist immer schon darauf angelegt gewesen, große Geschichten zu erzählen. „Tomorrows“ ist ein dreiteiliger epischer Endzeitthriller bei dem der Anfang schon klingt wie bei anderen das Ende.

Isolation, Gerechtigkeitskämpfe, die immer wieder beiseitegeschobene Klimakrise – Die drängenden Fragen unserer Zeit lassen sich kaum mit seichtem Feel-good-Pop untermalen. Daher poltern die Beats drohend wie ineinandergeschobene Gewitterfronten, bei denen der kathartische Regenguss aber ausbleibt. Dafür hat es den Anschein, dass es nie wieder hell werden wird. Gebäude korrodieren im ewigen Zwielicht, begleitet von hallenden Keyboards, pulsierenden Bassläufen und den klagenden Vocals von Gastmusikerin Kadhja Bonet.

Nur einmal geht der Blick sehnsüchtig zurück in die Vergangenheit: „Days Past” ist eine leichtfüßige Erinnerung an den Soul, der einmal war und tut in diesem mit Schwermut behangenen Kontext doppelt weh. Danach zieht es sich gleich wieder zu. Sind das Streicher oder heulen da Sirenen? Synthetische Blitze durchzucken schließlich die immer unwegsamer werdende Kraterlandschaft und knarzende Gesangsfetzen flirren umher wie letzte Funksprüche vor der Apokalypse.

Bis zum Sommer nächsten Jahres erscheint „Tomorrows“ als digitales Fortsetzungsdrama, bevor es dann 2021 als physisches Triptychon auf CD und Vinyl zusammengesetzt werden kann. Teil 1 klingt allerdings nicht so, als ob wir es überhaupt bis dahin schaffen.

VÖ: 14. August 2020 via City Slang