Text: Stefan Killer, 02. Oktober 2019

Nach zwei Alben voll psychedelischer Popexperimente hat Temples das Musiktheater gepackt. Aber keine Sorge: „Hot Motion“, der dritte Akt des britischen Trios, hat nichts mit Operngesang und Orchester zu tun. Vielmehr gleichen die ausgeklügelten Arrangements sowie stimmungsvolle Höhen und Tiefen den großen Schauspielen. Der Begriff Wall of Sound liegt stets auf der Zunge.

Wie schaffen es James Bagshaw (Gesang, Gitarre), Thomas Walmsley (Bass, Gesang) und Adam Smith (Keys, Gitarre, Gesang), einen solchen Anspruch zu erfüllen? Die Mittel sind doch begrenzt? Auf den Alben zuvor hat das Trio laut eigener Angabe versucht, mit dem Schichten von Tonspuren Dichte zu erzeugen. Eben diese schaffte es auf „Hot Motion“ diesmal allein durchs Songwriting. Die Arrangements leben von ihrer Dynamik, vom Groove der tiefen Bass- und Synthilinien, von den aufgeblasenen Refrains. Erst wickeln die drei Männer den Hörer in das halbzerrissene Star-spangled banner der 1960er-Jahre. Kurze Zeit später tunken sie es in Hall, um ihn damit über die Tanzfläche der Diskoerben zu schicken.

Doch „Hot Motion“ ist kein Potpourri etablierter Stile. Modernes Unbehagen wacht vor der Clubtür, der Rausch kann jeden Moment enden. Was von der orientalisch anmutenden Melodie übrig bleibt, dem bebenden Treiben der Beats, den in Zeitlupe schwingenden Hüften, ist nicht viel mehr als eine vielschichtige Erinnerung – dessen sollen wir uns bewusst sein. Und diese Erinnerung haben Temples auf „Hot Motion“ klanglich perfekt inszeniert.

26.11.2019 Berlin – Festsaal Kreuzberg
28.11.2019 Hamburg – Grünspan
30.11.2019 Köln – Luxor

VÖ: 27. September 2019 via ATO Records