Text: Christoph Walter, 23. September 2021

Irgendwann kurz nach der Mitte der Nullerjahre versetzte der Beitrag eines jungen Mannes mit dem Künstlernamen The Marble Man die Jury des Zündfunk-“Montagsdemos“ in helle Aufregung. Vergleiche zu Conor Oberst, Nick Drake und Elliott Smith wurden damals gezogen und Höchstnoten verteilt. Eine Weile danach – im Jahr 2007 – erschien beim wunderbaren Kleinstlabel Schinderwies Productions mit „Sugar Rails“ das Debütalbum des gerade 19-Jährigen. Bis heute ist das Album, natürlich stilecht aufgenommen im Elternhaus, eine LoFi-Perle, die man sich immer wieder anhören kann.

Trotz des Ausnahme-Debüts wurde Josef Wirnshofer, so der bürgerliche Name des Marble Man, danach kein neuer Indie-Weltstar wie Conor Oberst und das tragische Schicksal der allzu früh verstorbenen Herren Drake und Smith blieb ihm zum Glück ebenfalls erspart. Wirnshofer ging stattdessen nach München, schlug eine Laufbahn als Journalist ein und machte nebenher weiter Musik. Auf vielen Konzerten und ein paar Tonträgern – auf „Sugar Rails“ folgten zunächst „Later, Phoenix“ und „Haidhausen“. Mehr als sieben Jahre nach dem Letztgenannten ist nun mit „Louisiana Leaf“ eine neue Platte erschienen, die konsequent die Richtung weiterverfolgt, die The Marble Man nach seinen Anfangstagen einschlug. Weg vom extremen Minimalismus der frühen Homerecordings, hin zu einem ausgefeilteren Sound in voller Bandstärke.

Die acht neuen Stücke erfordern große Aufmerksamkeit und etwas Geduld. Manchmal scheint sich alles im Zeitlupentempo zu bewegen oder irgendwo in der Peripherie auszufransen, ehe dann doch – quasi als Belohnung fürs offene Ohr – eine einnehmende Melodie oder ein glasklarer Refrain auftaucht. Ein Album für Fortgeschrittene!

VÖ: 03. September 2021 via Millaphon Records