Was wie ein therapeutischer Ansatz klingt, ist auch wortgemäß als Freuds „Talking Cure“ Prozess anzusehen: „Positive Mental Health Music“ – Eine Katharsis durch den Akt des Gesprächs. Der erste Longplayer der Südlondoner Indie-Pop Band Tiña wird am 06. November alle digitalen Musikplattformen sowohl als auch viele von sich überzeugte Plattenlädenregale beglücken und füllen. Für die Albumaufnahmen quartierten sich die fünfköpfige Band im heimeligen Speedy Wunderground Studio der UK-Produzenten Legende Dan Carey ein. Dem Album vorausgegangen sind ihre beiden von der Kritik gepriesenen Singles „I Feel Fine“ und „Dip“, die vorab schon ein lechzendes Verlangen nach mehr hinterließen.
„Talking Cure“- wie kann reden heilen und warum hat man das nötig? Lead-Sänger und Songwriter Josh Loftins Verarbeitung eines Nervenzusammenbruches ist Teil dieses Prozesses, der sich durch tiefgründige Themen wie Selbstzweifel, Depression, Liebe, Sex, Versagensangst und Isolation arbeitet nachdem er gelernt hat, sich selbst näher zu sein und sich besser zu verstehen. “Schreiben ist wie das Lösen eines Rätsels”, beschreibt Loftin diesen Prozess. Auch dem Gefühl in einer entfremdeten Stadt, in der der Druck, erfolgreich und glücklich zu sein, im Gegensatz zur harten Realität steht wird hier textlich Platz geboten. Trotz der häufig vorliegenden Text-Schwere und thematischen Tiefgründigkeit schafft es Josh Loftin jeder Zeile seine eigene Note Nonchalance einzuhauchen. Während die Aufzeichnung für Loftin und seine Erfahrungen zutiefst persönlich ist, sind viele der Ideen universell: „Wir alle haben diese emotionalen Dinge gespürt“, sagt Lester, Leadgitarrist der Band. „Positive Mental Health Music“ haftet aber auch eine Botschaft der Hoffnung an, der Solidarität und Zusammengehörigkeit, die das moderne England vermissen lässt und auch vor Humor und Selbstironie kein Halt machen.
Diese elf Tracks starke Platte ist vielleicht facettenreicher als der Charakter Dalís. Abwechslungsreiche, überraschende Instrumental-Parts, sich wunderbar auflösende Gitarrenriffs in gut arrangierter Popstruktur, poetische Zeilen umhüllt vom eigenartig-gurrenden Gesang Loftins und nicht zuletzt lebhaft und rastlos-flirrende Psych-Keys geben dem Charakter dieser Platte letztendlich diese Dynamik und Entschlossenheit.