Text: Alex Schulz, 28. September 2020

Tvii Son waren ein noch unbeschriebenes Blatt. Mit ihrem Debüt stellen sie ihren Sound nun zielsicher und kompromisslos in die Nische einer Nische. Im Industrial, einst in den Siebzigerjahren aus dem britischen Label Industrial Records hervorgegangen, und heute vor allem mit Rock- oder Metalacts assoziiert, haben so einige Genreverschmelzungen Platz gefunden. Tvii Son sind dort neuerdings mit einer Mischung aus Elektro, Dub, Noise und Ambient Pop beheimatet. Den drei Musikern aus Berlin und Kiew gelang es eine Club-Scheibe für düster-moderige Keller-Raves oder auch Bedroom-Ambient für besonders Hartgesottene zu erschaffen.

Es ist ein Album geworden, das unbedingt (und vor allem immer!) in voller Länge durchlaufen sollte, sofern man sich denn in der Lage und/oder Stimmung dafür befindet. Das was Tvii Son hier mühelos schaffen, ist eine hypnotisierende Sogwirkung zu entfalten. Wenn man ihnen denn die Zeit gibt. Doch es ist zweifellos auch nicht erheiternd sich auf einer Wellenlänge mit dem Album zu befinden. Dissonant und dunkel kommt das Debüt daher: der Bass ist club-tauglich, die Höhen sollen aber, ganz nach Maßstäben des Industrial, auch wehtun. Roh und direkt wird da ins Mark gescheppert und geklirrt.

Circa die Hälfte der neun Tracks werden dafür mit der Stimme Lucy Zorias angereichert. Sie bringt einen Hauch Ambient Pop und somit eine distanzierte, dennoch wohltuende Menschlichkeit in das Klangbild. Nach der bereits angeteaserten Single „Out of Vogue“ mit dazugehörigem Video lässt Tvii Son nun ein Album folgen, dass mit jedem Track in die gleiche Kerbe schlägt. Einen Song herauszustellen ist bei dieser Scheibe ohnehin ein Frevel. Dieses Album lässt man durchlaufen oder man lässt es sein. Fakt ist zudem: Ein Gang in den Keller erleichtert den Zugang zu Tvii Son ungemein, versprochen! Ohne diesen hätte es für den Autor in diesem Fall vielleicht nicht gefunkt.

VÖ: 18. September 2020 via MIC