Text: Stefan Killer, 12. Oktober 2022

Sobald auf „In Now Less Than Ever“ für wenige Takte Wohlklang dominiert, legt sich ein unbequem krauser Krachteppich darauf. Das musikalische Grundgerüst dieses Albums ist fragil, seine einzelnen Elemente scheinen, in jedem Moment auseinanderzudriften. Und dennoch geht das Konzept von Twin Drugs auf. Denn was Blake Melton (Gesang und Gitarre), Alexander Wilson (Schlagzeug) und Christian Monroe (Bass und Percussion) damit bezwecken, ist nicht weniger als ein kosmisch anmutender Zerfall einer scheinbar intakten Welt. Sowohl die dauerhaft wabernden Echo- und Halleffekte als auch die immer wieder zuckenden Singlenotes der dauerverzerrten Gitarre stützen den Plot.

Unbehagliche Anziehungskraft

Doch was am meisten reizt an dieser Platte, sind die Laute, die jede Sekunde einzustürzen drohen. Als seien sie einem Vierteltonsystem oder Filmen wie „Inception“ entsprungen, transportiert Twin Drugs mit ihnen ein andauerndes Gefühl unbehaglicher Anziehungskraft. Einerseits kommt ab und an Flucht in den Sinn, andererseits wiegt der Drang schwerer, zu erfahren, ob das Riff tatsächlich in sich zusammenbricht oder der scheinbar bekannte 80s-Synthpop-Part doch noch wiederkehrt.

Und genau das macht das Konzept von „In Now Less Than Ever“ erfolgreich: Twin Drugs vermag damit, nicht nur die zu ködern, die Krachrock in Endlosschleife hören, sondern auch jene, die Assoziationen, Referenzen und andere Spannungen in Musik suchen. Ein gelungenes Album, etwas abseits der bekannten Noise-Blase.

VÖ: 07. Oktober 2022 via Crazysane Records