Text: Bernd Skischally, 10. August 2021

Vom hyperaktiven Wunderkind zum hochspezialisierten Rock-Handwerker mit treuer Stammkundschaft: So in etwa lässt sich die gut eine Dekade andauernde Karriere von Ty Segall beschreiben. Vor ziemlich genau zwei Jahren schrieben wir an genau dieser Stelle anlässlich seines experimentierfreudigen Solo-Wurfs „First Taste“: „Langeweile fürs Erste gebannt. Fortsetzung folgt. Bestimmt.“

Nun, hier ist sie – zehn Tracks, die kürzlich als „Harmonizer“ ohne Vorwarnung via Drag City online gegangen sind. Das Album wurde von Cooper Crain (Cave, Bitchin Bajas) mitproduziert und Ty Segall übernahm mal wieder alle Instrumente – abgesehen von Gasteinsätzen seiner Vertrauten von The Freedom Band mit Ben Boye, Mikal Cronin, Emmett Kelly und Charles Moothart. Auf zwei Stücken ist zudem seine Frau Denée Segall als Sängerin zu hören.

Es ist eine im besten Sinne typische Ty-Platte geworden, im Gegensatz zum Vorgänger wieder mit reichlich (Fuzz-)Gitarren gesegnet, was zum einen für nicht ganz so viele verrückte Überraschungsmomente sorgt, zum anderen aber die vormals überpräsenten Synthesizer bändigt. Mal heavy, mal funky, mal sludgy, mal bitchy. Immer wieder gibt es kurze Momente, die wirken, als zitiere sich Ty Segall bereits selbst – Stoff genug dazu stünde ja im Plattenschrank. Aber spätestens ab dem zweiten und dritten Durchlauf offenbaren die extrem dicht produzierten Songs ihre raffinierten Charaktere. Mit „Whisper“, „Erased“ und dem Titeltrack „Harmonizer“ dröhnen einem nahtlos aneinander gereihte Katastasen in die Ohren.

„All I want to do is: Play! P-L-A-Y!“, heißt es eingebettet in quietschende Riffs im vorletzten Stück. Und im zweiten Pandemiejahr klingt diese simple Forderung gar nicht mal so sinnentleert, sondern dramatisch flehentlich. Bitte Ty, oh Wunder geschehe. Komm, und erlöse uns – von der bösen Stille.

VÖ: 03. August 2021 via Drag City