Text: Michael Smosarski, 23. August 2021

Conor O’Brien hat seinen Job an den Nagel gehängt. Der Singer-Songwriter will nicht mehr der Folk-Posterboy sein, der seinem Publikum dunkle Geheimnisse ins Ohr flüstert. Stattdessen hat er auf einem Kreuzfahrtschiff angeheuert und spielt dort Jazz mit der Session-Band. Seine nächtlichen Träume auf hoher See verwandelt er in Cinemascope-Kompositionen, die über den Hörer hinwegspülen wie Wellen.

„Fever Dreams“ ist ein klares Konzeptalbum, großzügig sollte es sein, Eskapismus-Träume sind sein Inhalt: O’Brien singt von der warmen Nordsee, von Ursa Major, dem Großen Bären, von Vertrauen und Liebe. Dabei geht es nicht so sehr um einzelne Stücke. Das Songwriting ist (wohl bewusst) weniger griffig, sondern changiert harmonisch schwer fassbar, getragen von Bläsersätzen und Chören. Man spürt in jedem Moment, wie sehr Conor O’Brien die Architektur des Klangs durchdrungen hat – wo andere vorgefertigte Presets in ihre Software-Instrumente laden, baut sich der Ire mal eben seine eigenen Synthesizer.

„Fever Dreams“ ist geprägt von dieser Liebe zum Detail, dem Blick für die Feinheiten von Sound und Arrangement. In schier endlosen (und natürlich konzeptuell absolut passenden) Outros lebt sich Conor O’Brien als Tonstudio-Zauberer dann auch hemmungslos aus. Streckenweise ist „Fever Dreams“ aber auch repetitiv und groovy, bestes Beispiel ist das hypnotische „Restless Endeavour“. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, in alle Kabinen dieses Ozeanriesen von einem Album zu schauen und seine zahllosen Gänge zu erforschen. Und sicher hat O’Brien, bevor man dieses Ziel als Hörer erreicht hat, musikalisch schon in einem neuen Hafen angelegt.

18.01.2022 Hamburg – Fabrik
19.01.2022 Berlin – Metropol
21.01.2022 München – Technikum
23.01.2022 Köln – Kulturkirche

VÖ: 20. August 2021 via Domino Records