Text: David Maneke, 19. Juni 2019

Der nächste Vlimmer-Release steht vor der Tür: Doppel-EP „XIII/XIIII“. Es handelt sich um die 13. und die 14. EP eines auf 18 (!) EPs angelegten Selbsterkundungstrips in düsterem Dream/Nightmare-Pop Gewand. Soweit, so lakonisch zu den Fakten.

Tatsächlich ist das Vorhaben von Vlimmer außerordentlich bemerkenswert und radikal an den Metriken von kommerzieller Popmusik vorbei gedacht. Das Projekt existiert überhaupt nur, um eine Geschichte in 18 Kapiteln zu erzählen, die sich inhaltlich an den 18 Kapiteln des Buches „Jagmoor Cynewulf“ anlehnt, verfasst von Alexander L. Donat, der, wie es der Zufall will, auch die Person hinter Vlimmer ist. Seit 2015 wird diese Ableitung einer Selbsterkundungsreise beständig weitergetrieben. Nur als Randnotiz: als wäre das nicht schon bewundernswert genug, ist Donat noch alleiniger Kopf hinter drei weiteren musikalischen Projekten mit anderem Anstrich, führt selbstverständlich auch noch das Label Blackjack Illuminists und das alles passiert nebenberuflich. He can’t get no sleep.

Musikalisch bewegt sich Vlimmer wundervoll neben der Zeit. Der Sound des Projekts orientiert sich an den schönsten Düsterlichkeiten der 80er Jahre, aktualisiert sich selbst mit einem sehr kontemporären Einsatz von Synthesizern, nur um direkt danach durch einen kalkuliert hörbaren Retro-Fleischwolf gedreht zu werden. Dabei zeichnet sich das ganze Projekt durch eine sehr klare Abgrenzung dessen aus was es ist und was nicht. Vlimmer ist sich selbst verpflichtet – und sonst nichts anderem. Mit musikalischen Einflüssen geht Donat sehr sorgsam um. Sie sind erkennbar, aber Vlimmer-Songs sind so individuell, dass man sie unter Tausenden erkennen würde. Typischerweise sehr atmosphärisch, mit Herz und Verstand auf den Punkt gebracht. Diese Wiedererkennbarkeit ist Resultat einer künstlerischen Prinzipientreue, die nur das in sich selbst akzeptiert, was sie sich in die klaren Grenzen hineingeschrieben hat. Diese Regeln werden von Vlimmer radikal befolgt, aufs äußerste gebogen und niemals überschritten.

Und auch wenn man das Projekt Vlimmer in seinen vollen Ausmaßen nicht auf Anhieb voll überblicken kann, so gelingt der Transport einer Atmosphäre doch von den ersten Takten an. Vlimmer ist auf bezauberndste Art und Weise unglaublich düster. Die Welt in der sich das Projekt befindet, wird so entrückt dargestellt, dass man schwerlich annehmen kann, sie hätte noch etwas mit unserer Alltagsrealität zu tun. Viel mehr fühlt man sich als würde man in den trüben Mondschein eines zeitlosen Armageddon entführt, in der die äußere Welt keine nennenswerte Rolle mehr spielt. Vlimmer hält uns in stetiger apokalyptischer Kontemplation.

VÖ: 21. Juni 2019 via Blackjack Illuminist Records