Text: Christian Selzer, 10. Mai 2019

Musiker haben es nicht leicht heutzutage. Einerseits stellt ihnen der digitale Fortschritt ein gigantisches popkulturelles Gedächtnis zur Verfügung, aus dem sie permanent schöpfen können. Andererseits führte diese ständige Verfügbarkeit bislang nur dazu, dass der Markt von Revivals und Neuauflagen geflutet wird. Wie man mit der Materialfülle umgeht, ohne rückwärtsgewandt zu klingen, zeigen Von Spar auf „Under Pressure”.

Der fünfte Longplayer der Kölner ist das Resultat einer steten Wandlung in der 15-jährigen Bandgeschichte. Die wird nun auf die Spitze getrieben, indem man sich konsequenterweise gar keiner musikalischen Strömung mehr zuordnet. Oder, besser: allen. Einem Interface gleich docken Von Spar an Artpop, Dreampop, Krautrock, Progrock und andere avantgardistische Bewegungen an, kombinieren diese wie in einem modularen System neu und ebnen dem Update den Weg in die Gegenwart.

Weshalb Von Spar zu den wenigen deutschen Bands gehören, die auch im Ausland geschätzt werden, wird auf dem Album schnell deutlich. Der Opener „A Dream (Pt. I)” spürt mit seinen an- und abschwellenden Synth-Arpeggios und den Spoken-Word-Passagen von Eiko Ishibashi (Merzbow) einer japanischen Traumsequenz nach, die der Housebeat im treibenden Sequel „A Dream (Pt. II)” zum Platzen bringt und vom Falsett Chris A. Cummings in luftige New-Age-Höhen geschraubt wird. Punk-Professorin Vivien Goldman von The Flying Lizards vertreibt in „Boyfriends (Dead Or Alive)“ die Gespenster der Vergangenheit. Auf „Extend The Song“ hingegen singt Lætitia Sadier von Stereolab und ergänzt mit ihrer glasklaren Stimme den motorischen Groove des Songs zu einer flauschigen Kraut-Pop-Nummer, die seit ihrer Vorab-Veröffentlichung als Single regelmäßig bei „BBC Radio 6 Music“ läuft.

Die Zukunft des Pop liegt in der Vergangenheit. Doch wenn die Musik, die dabei herauskommt, so frei und gleichzeitig so dringlich klingt wie bei Von Spar, muss das kein schlechtes Zeichen sein. Ganz im Gegenteil.

19.09.2019 Hamburg – Reeperbahn Festival
20.09.2019 Düsseldorf – Zakk
15.10.2019 Karlsruhe – Kohi
18.10.2019 Nürnberg – Z-Bau
19.10.2019 Frankfurt – Zoom
02.11.2019 Berlin – Hebbel Am Ufer

VÖ: 10. Mai 2019 via Bureau B