Text: Oliver Schröder, 20. September 2021

Crisis? What Crisis? Stell dir eine Welt vor, in der Indierock immer noch richtig wichtig ist. In der die Feuilletons und Radiosender noch eine große Rolle spielen und Gitarrenmusik als heißen Scheiß abfeiern. In der ein paar Textzeilen dein Leben retten können. Für so eine Welt wurde „Amnesie“ gemacht. Mit ihrem Debütalbum liefern Yoga ein Sequel zu den Neunziger Jahren und blenden die letzten 25 Jahre einfach aus.

„Projektil“, das letzte Lebenszeichen der Berliner, ist zwar noch gar nicht allzu lange her, die Welt ist aber seit Anfang 2019 eine andere geworden. Mit „Amnesie“ überbrücken Yoga aber eine noch viel größere Zeitspanne und lassen den Prä-Millennium-Gitarrenrock Jahre so klingen, als trieben sich auf dessen Konzerten nicht nur bebrillte Familienväter herum, sondern auch deren Kinder. Diese elf Songs wirken in ihrer Dringlichkeit geradezu lebenswichtig, voller Überzeugung steht jedes Stück im Hier und Jetzt. Gleichzeitig lässt sich natürlich trotzdem ein umfassender Streifzug durch die ergraute Ahnengalerie des Alternative Rock unternehmen. „Dead Sea Salt“ beginnt und endet wunderschön bedrohlich und lässt zwischendurch scharfkantige Noise-Messer nach Sonic-Youth-Manier aufblitzen. “Café Eden” klingt als würden Tocotronic einen Codeine-Song auf Deutsch covern. „Geisterstadt“ spielt mit den markanten Bassläufen und den quengeligen Gitarren der Pixies.

Das alles wird aber mit so großer Selbstverständlichkeit vorgetragen, dass man sich mit Freude auf den Gedächtnisverlust einlässt. Ging gefühlt ja eh nur bergab. „Amnesie“ gelungen, Hörer glücklich.

VÖ: 17. September 2021 via Späti Palace