Text: Oliver Schröder, 10. Juni 2022

„Wenn die nationale Geisteskrankheit der Amerikaner der Größenwahn ist, dann ist die der Kanadier die paranoide Schizophrenie“, sagte Margaret Atwood schon vor einiger Zeit zur seelischen Verfassung ihres Landes. Die Kanadier You Doo Right zeigen mit ihrer Version von Postrock, dass sie völlig klar im Oberstübchen sind und genau wissen, was sie tun. Aber dazu haben sie eben auch ein Faible für Gigantismus.

Schon alleine der Bandname ist Anmaßung und Irreführung zugleich, denn es handelt sich hier keineswegs um eine Can-Coverband. „You Doo Right“ ist schließlich der letzte Song auf dem ersten Album der Kölner Avantgarde-Band aus dem Jahr 1969. Von sechs Stunden auf gut 20 Minuten eingedampft, bildet er mit seinem Laut-leise-Wechselspiel den mantraartigen Höhepunkt des schon bis dahin großartigen „Monster Movie“. You Doo Right arbeiten auf „A Murmur, Boundless To The East“ zwar mit ähnlichen Elementen, aber sie gehen viel mehr in die Höhe und setzen zudem eher auf Kolossalität statt auf Avantgarde. Sie bauen riesige Sound-Kathedralen, die sie fachkundig wieder zum Einstürzen bringen. Sternenstaub, Schicksalsmomente und Lichtprojektionen sind wichtiger Teil der Inszenierung, mit der ihre Songs von innen ausgeleuchtet werden.

Bleibt man beim Vergleich mit Can, kann es sein, dass man als Hörer:in erst einmal einen kleinen Ernüchterungsmoment erlebt, denn die hier versammelten Stücke bewegen sich kaum vom soliden Fundament weg, das Bands wie Mogwai, Mono oder Goodspeed You! Black Emperor vor einer Ewigkeit errichtet haben. So gehen You Doo Right innerhalb einer knappen Stunde einer musikalischen Götterdämmerung entgegen, ein Ereignis, dem wir in den letzten 30 Jahren bereits häufiger beiwohnen durften. Das ist auch immer noch beeindruckend, wirkt aber in seinem Ablauf mittlerweile auch etwas formelhaft.

VÖ: 10. Juni 2022 via Mothland