Text: Tim Brügmann, 23. April 2021

Neues vom Hexer. Die Schatztruhe des visionären Proto-Punks Alan Vega öffnet sich nach dessen Tod im Jahre 2016 erneut und spuckt mit „Mutator“ ein längst verloren geglaubtes Album des Suicide-Masterminds endlich ans Tageslicht. Noch besser: „Mutator“ ist nur der Vorbote einer ganzen Reihe von posthumen Vega-Releases unter der Ägide seiner langjährigen Partnerin Liz Lamere und Jared Artaud, Frontmann der The Vacant Lots.

Zugegeben, posthume Veröffentlichungen alter Helden, gehen stets mit einem fahlen Beigeschmack einher. Zu oft wurden die Fans von geldgeilen Nachkommen mit unübersichtlichen und oft nichtmals vollendeten Werken über den Tisch gezogen. Wohl dem, dessen Erbe in gute Hände fällt. Ein solcher Glückspilz ist die No-Wave Magier Alan Vega, der sowohl auf Solo-Pfaden, vor allem aber mit den gefeierten Suicide das New York der 80er und 90er Jahre in düstere Synthie-Schleier legte. Mit „Mutator“ erscheint nun via Sacred Bones ein Album, welches zwischen 1995 und 1997 aufgenommen wurde. Statt „Mutator“ zu veröffentlichen entschied sich Vega seinerzeit jedoch für einen Stilwechsel und ließ das Album schlichtweg in Vergessenheit geraten. Knapp 25 Jahre später wird es durch die von Vega zu Lebzeiten selbst betrauten Schatzmeister*innen des sogenannten Vega Vault, Liz Lamere und Jared Artaud, wieder zum Leben erweckt. Erstere war Mitte der 90er an den ersten Entwürfen sogar direkt beteiligt.

Zur Zeit der „Mutator“-Sessions ließ sich Vega massiv von den Straßen New Yorks inspirieren. So findet nicht nur die aufkeimende Hip-Hop-Szene der äußeren Bezirke ihren Weg auf das Album, auch die Geräusche der Straße selbst halten hier Einzug. Und gerade diese Sensibilität zwischen Straßenlärm und industriellem Großstadt-Charme, gepaart mit Vegas unverwechselbarer Stimme und der Kraft seiner Persönlichkeit, lässt das Album gespenstisch aktuell erscheinen. So schlussfolgert Artaud auch folgerichtig:

Mutator bridges the gap between the past and present. It’s something we feel he would have been really proud of, seeing this lost album released today. In so many ways, his music is needed now more than ever.

VÖ: 23. April 2021 via Sacred Bones Records