Text: David Maneke, 11. März 2022

Black Doldrums aus London sind soweit – nach zwei EPs kommt nun mit „Dead Awake“ das erste Album. Das Werk ist, lasst uns da von vornherein keinen Zweifel aufkommen, ein klassischer, straighter Shoegaze-Monolith; nicht so viel mehr, aber ganz sicher auch nicht weniger. Über der gesamten Länge von „Dead Awake“ liegt der Geist von vierzig Jahren Dream-Pop, genährt über einen Referenzrahmen, der kurz hinter The Cure anfängt und alles Folgende irgendwie mit einbezieht: Cocteau Twins, Echo and the Bunnymen, Jesus and The Mary Chain, Slowdive, The KVB und DIIV (Liste unvollständig).

Das Ergebnis wirkt im besten Wortsinn essenziell. Black Doldrums sind im Rahmen ihres Schaffens recht klassisch aufgestellt; die verlässlichste Größe jedes einzelnen Songs ist eine breite Gitarrenwand, hinter der sich Kevin Gibbards wunderschön hallige retro-vocals mit gebührender Zurückhaltung einen sehr guten Platz in der zweiten Reihe suchen. Das Songwriting wird hier nicht neu erfunden, jeder Song arbeitet eine musikalische Idee gerade eben so weit aus, dass es am Ende fertig klingt, Überraschungen gibt es keine.

Die Stärke der Songs liegt aber im Kleinen: so simpel die Songs wirken, sie sind – immer im gestrengen Rahmen der tendenziell etwas rigideren musikalischen Shoegaze-Ästhetik – fast schon ornamental, und wenn mal wieder aus der hinterletzten Spur noch ein zusätzliches Tamburin klingt, dann merkt man, wieviel Wert hier aufs Detail gelegt wird. Und so wird mit viel Aufwand eine sehr klare Version der lange bekannten, genredefinierenden Claire Obscure des Shoegaze herausgearbeitet.

Und während die Platte atmosphärisch so ein bisschen über der Zeit schwebt und alle Shoegaze-Geister der letzten Dekaden beschwört, ist die Produktionsgeschichte von „Dead Awake“ wiederum sehr mit dem pandemischen Zeitalter verbunden, in dem es nun mal entstanden ist. Als Produzent konnte mit Jared Artaud einer der spannendsten Akteure des artsy-alternativen New York der Zehnerjahre gewonnen werden. Interessant daran ist, dass Jared Artaud hauptsächlich damit beschäftigt ist, Genregrenzen zu verwischen – sowohl mit seiner Band The Vacant Lots, als auch mit der Produktion von Alan Vegas 2021 posthum erschienenen Albums „Mutator“ sucht Artaud die begehbaren Räume zwischen Punk und Elektronischer Musik und pfeift dabei völlig auf alles was gestern, heute und morgen als zeitgenössisch angesehen werden könnte.

Angedacht war, dass Black Doldrums zur Produktion nach New York reisen sollten, um direkt mit Artaud zu arbeiten – allein, die Pandemie verändert solche Pläne dieser Tage immer mal. So kam es zu einer Zusammenarbeit über Remote-Kanäle, und so ganz kann man sich nicht entscheiden, ob Artaud der Band geholfen hat, eine sehr klare Identität als klassische Shoegaze-Band zu definieren, oder ob ein bisschen Grenzen sprengen hier und da vielleicht noch ein wenig je ne sais quoi hinzugefügt hätte. Unbestreitbar ist, dass die ganze Platte sehr sauber und einheitlich produziert ist und großartig klingt.

VÖ: 11. März 2022 via Fuzz Club Records