Text: Maximilian Heß, 29. Januar 2021

Dagobert, der selbsternannte “Schmusesänger aus den Alpen” spaltet seit jeher die Gemüter. Die einen sehen in ihm die unheilige Allianz zwischen Indie und Schlager. Die anderen kommen nicht umhin, eine gewisse Faszination für den verträumten Riesen aus der Schweiz zu verspüren. Das neue Album “Jäger” hat das Potential, dieses Schisma zumindest teilweise aufzuweichen.

Dagobert bespielt schon seit seinem Debüt die kleine Lücke zwischen unangenehmen Kitsch und mutmaßlich ironischem Lovepop-Indie. Und auch bei “Jäger” ist die bereits seit mehreren Alben laufende Entwicklung hin zu einer gewissen musikalischen und textlichen Vielseitigkeit wieder klar erkennbar. Songs wie die reduzierte Klavierballade “Ich will nochmal” oder “Das Mädchen aus der schönen Welt” sind klassische Dagobert Hits. Und klingen dabei eindeutig nach Schlager. Doch der Kitsch ist nicht so prominent wie auf früheren Releases. Vielmehr prägen Retro Synthieflächen, 707-Drums und 80ies-Bässe den Sound des Albums. Das ist manchmal ein bisschen over the Top, wie bei “Wunderwerk der Natur”, der live wiederum zu den Highlights gehört. Oft passt der Sound allerdings sehr gut zu Dagoberts säuselnden Lyrics. Ein klangliches Highlight ist dabei das ungewohnt düstere und reduzierte “Im Wald”.

Die Lyrics handeln auf “Jäger” immer noch in erster Linie von Dagoberts Lieblingsthema: Der Liebe. Allerdings sind die Themen und Motive auf diesem Album ungewöhnlich divers. Merkwürdige Songs wie der fast schon in Retro-Spacepop kippende “Aldebaran” sind ebenso zu finden wie Downbeat Singles wie der Titeltrack “Jäger”, der vor Naturmotiven nur so strotzt und eine Rhytmusorientierung erkennen lässt, die fast an einen Hip-Hop-Beat heran reicht und die man bei Dagobert bisher noch nicht so finden konnte.

Dagobert ist und bleibt in erster Linie eine Geschmacksfrage. Man liebt es oder man hasst es. Und doch macht “Jäger” auch jenen ein Angebot, denen sich bei kitschigen Lovepop-Schlagersongs, die vor Heterosexualität nur so triefen, die Zehnägel aufrollen. “Jäger” ist ein Album, in dem sich New Wave ebenso finden lässt wie tanzbare Upbeat-Nummern. Vielleicht ist das ja für einige gut genug, um dem Schmusesänger aus den Bergen nochmal eine Chance zu geben. Fans werden mit “Jäger” auf jeden Fall ihre Freude haben.

31.08.2021 Nürnberg – Club Stereo
01.09.2021 Stuttgart – Merlin
02.09.2021 München – Kranhalle
03.09.2021 (AT) Wien – Chelsea
07.09.2021 Köln – Gebäude 9
08.09.2021 Frankfurt – Zoom
09.09.2021 Berlin – Frannz Club
10.09.2021 Hamburg – Hebebühne
11.09.2021 Chemnitz – Atomino

VÖ: 29. Januar 2021 via Dagobert