Text: Oliver Schröder, 20. April 2022

Ambient 3: Music for Air: Es ist immer wieder faszinierend, wie Jacob Long seine Musik zusammenfügt. Eigentlich sind es leere Räume, durch die der Wind weht. Die durch ein leises Scharren zum Leben erweckt werden. In denen an der Decke ganz leise eine Neonröhre summt.

Ganz passend ist dieser Vergleich nicht, denn die zehn Stücke auf „Ghost Poems“, dem dritten Album, das er auf dem Chicagoer Label Kranky veröffentlicht, sind zwar gespickt mit Geräuschen aller Art, aber getragen werden sie von großen warmen Soundwellen, die alles miteinander verknüpfen. Es wäre gar nicht so leicht festzustellen, wo beispielsweise „Snowy Water“ aufhört und „Rough Air“ anfängt, gingen sie nahtlos ineinander über. Alle Stücke atmen im gleichen Tempo und bestehen aus kleinen Teilchen, die miteinander in Verbindung stehen.

Ein gutes Ambientalbum muss eben kein aufwändig inszeniertes Spektakel sein. Es imitiert jene Details und Schwingungen in unserer Umgebung, die im Eifer des Alltags allzu oft verloren gehen. Hört man beispielsweise „Fossil Painting“, kann es durchaus passieren, dass man die Musik kurz runterdreht, um nachzuprüfen, ob das tröpfelnde Knacken im Hintergrund nicht doch von einem Heizungsleck in der Wohnung stammt. Diese Sinnesschärfung ist, was „Ghost Poems“ zu etwas besonderem macht. Und wenn sie dann auch noch so warm und lebendig inszeniert ist wie hier, kann man vielleicht doch von einem Spektakel sprechen.

VÖ: 15. April 2022 via Kranky