Text: Maximilian Heß, 02. November 2021

Das australische Duo Good Morning ist bekannt für seine Eigenwilligkeit. Die beiden Musiker Liam Parsons und Stefan Blair sind bekannt für DIY-Produktionen, ungewöhnlich kurze Alben und abenteuerliche Vertriebswege. Bei ihrem sechsten Album “Barnyard” ist nun alles anders. Die Produktion wurde von einem externen Tontechniker übernommen und hinter dem Album steht das Label Polyvinyl. Ist jetzt alles anders bei Good Morning? So einfach ist es nicht.

“Barnyard” beginnt still, geradezu nachdenklich: Der Opener “Too Young To Quit” ist eine phlegmatische Ouvertüre, die vor allem erreicht, dass man Lust auf den Rest des Album bekommt. Wirklich gefangen nimmt einen das Ganze erst ab “Depends On What I know”, dem ersten wirklichen Hit des Albums. Der Song ist dabei geradezu klassisch in seiner Alternative-Struktur und -Instrumentierung. Die leicht angezerrter Gitarren und der wandernde Bass bleiben in einer solchen Stoik bei ihren Mustern, dass der Song trotz seines eher gemächlichen Tempos gefangen nimmt. Geradezu hypnotisch und ungemein sympathisch singen die beiden Musiker (die sich auf dem Album mit dem Gesang abwechseln) über die obskursten Themen, die sie durch ihre Lyrics trotzdem enorm zugänglich machen.

Und tatsächlich liegt in der anfangs angesprochenen Konventionalisierung des Unkonventionellen der Appeal von “Barnyard”. Man merkt Good Morning allenthalben an, wie sehr es sie in den Fingern juckt, wieder mehr ins experimentelle abzubiegen. Es knackt und knarzt und alles ist leicht out of tune. “Matthew Newton” ist ein Beispiel für den unausgesprochenen Spagat zwischen Merkwürdigkeit und Struktur auf dem Album. Würde man bei dem Song ein Stimmgerät an die Boxen halten, würde es einen Burnout bekommen. Weil der Song aber ansonsten sehr klassisch und konventionell gehalten ist, wirken die leicht dissonanten Instrumentals eher interessant als störend.

“Barnyard” ist wie eine weiße Raufasertapete, mit der man ein psychedelisches Graffiti übertapeziert hat: In vielen Momenten ist es so klassisch und konventionell wie ein entspanntes Alternative-/Indie-Album sein kann, irgendwo zwischen The Wave Pictures und The Proper Ornaments – hochwertig, aber sehr normal. Darunter, immer wieder in einzelnen Elementen durch schimmernd, lauern kleinere und größere Merkwürdigkeiten. Zusammen ergibt das ein Album, das gerade weird genug ist, um spannend zu sein, und genau klassisch genug, für ein normales Pop-Album. Das macht “Barnyard” zu einem echten Geheimtipp.

VÖ: 22. Oktober 2021 via Polyvinyl Record