Text: Oliver Schröder, 20. August 2021

Bis die Wolken wieder lila sind: Ein Album mit einer Prämisse, die zunächst so aufregend erscheint, wie das sonntägliche, halb erzwungene Gespräch einer Studentin mit ihrer Mutter. Wenn aber Musiklegende Gudrun Gut Ferngespräche nach Mexiko führt, um mit der südamerikanischen Künstlerin Mabe Fratti über alltägliche Dinge zu reden, lohnt es sich genauer hinzuhören.

Dass Gespräche über das Wetter gut zu elektronischen Klängen passen, bewiesen bereits The Orb vor gut 30 Jahren mit „Little Fluffy Clouds“, in dem eine erkältete Rickie Lee Jones sich in allen Einzelheiten an die Formen und Farben der Wolken aus ihrer Kindheit erinnert. Ihre Ausführungen durchziehen den Ambient-House-Track, teilen, überlagern und verschmelzen mit ihm. In Kombination mit der Musik wird aus dem ursprünglichen Interview-Sample ein Trip in die Ultrawelt. Paralysierend und anregend zugleich.

Weniger psychedelisch und beatgetrieben, aber sehr ähnlich in der Vorgehensweise, Alltagsgeräusche so miteinander zu kombinieren, dass etwas völlig anderes daraus wird, ist auch „Let’s Talk About The Weather” ein fesselndes Experiment, das trotz großer Gräben ganze Welten miteinander verbindet. Als Hybridalbum, dessen Bestandteile gleichermaßen polarisieren und harmonieren, bewegt es sich zwischen seinen Polen hin und her: Mexiko und Berlin, creepy Elektronik und warme Ambientsounds, kalter Hauch und warme Umarmung. All das fügt sich hier nahtlos zusammen und stößt sich gleich wieder ab. Die Dialoge wirbeln wie Fetzen durch eine unruhig pulsierende Szenerie. Wenn dann im viergeteilten Titelstück Naturgeräusche, Stimmengewirre über das Wetter und blubbernde Synthesizer nebenher und dann doch schließlich irgendwann synchron laufen, klingt es tatsächlich etwas wie ein abstraktes Gut-Update von Alex Patersons Ambient-Meisterwerk von 1990. Von wohliger Verklärung ist hier aber nichts zu spüren, aber das träfe auch längst nicht mehr den Puls der Zeit.

VÖ: 20. August 2021 via Umor-Rex