Text: Christoph Walter, 21. Oktober 2022

In jüngster Zeit erscheinen auffällig viele Platten, die ein „Part I“ oder „Volume I“ im Titel tragen. Herman Dune veröffentlichte eben „The Portable Herman Dune Vol. 1“, Anfang November folgt „Covers Vol. 1“ von William Fitzsimmons – und nun eben „Cowboy Ballads Part I“, das Solo-Debüt von Other Lives-Frontmann Jesse Tabish. Fortsetzung in allen drei Fällen entweder fest geplant oder zumindest nicht ausgeschlossen. Gemeinsam ist all diesen Alben, dass sie mehr oder weniger Produkte der Pandemiezeit sind und ohne die ganzen Einschränkungen und Lockdowns zumindest in dieser Form wohl nicht entstanden wären.

Ein Solo-Album widerspricht ja eigentlich der breitwandigen, opulenten Herangehensweise, die Jesse Tabish mit Other Lives sonst pflegt. Aber wenn man das Haus nicht verlassen soll, kann eben nicht das ganz große Besteck ausgepackt werden. Praktisch natürlich, dass Jesse Tabish mit Ehefrau und Bandkollegin Kim Tabish einen „Hausstand“ bildet – dementsprechend durfte die Lagerfeuerklampfe trotz des leicht irreführenden Albumtitels auf dem Dachboden bleiben. Ohnehin kann man sich Jesse Tabish nicht so recht als klassischen Macho-Cowboy aus Uralt-Western vorstellen. Höchstens vielleicht als Totengräber oder den schweigsamen, etwas merkwürdigen Typen aus dem Saloon, mit dem sich niemand anlegen möchte.

Die Welt des Amerikaners sind aber natürlich seit jeher eher Italo-Western und die Soundtracks von Ennio Morricone und Henry Mancini, die auch bei Other Lives stets eine Rolle spielten. In diesem musikalischen Kosmos bewegen sich die 14 Stücke (darunter einige Instrumentals) auf „Cowboy Ballads Part I“. Im Ganzen klingt das – eigentlich keine Überraschung – wie eine abgespeckte, etwas minimalistischere Version von Other Lives, wobei sich Songs wie „Castro“ oder das exzellente „Halloween Day“ auch auf den „richtigen“ Platten der Band bestens gemacht hätten.

VÖ: 21. Oktober 2022 via PIAS