Text: Lennard Göttner, 27. Januar 2021

Annahme: Eine kanadische Band namens Kiwi Jr. meldet sich mit ihrem zweiten Studioalbum, das auf über 30 Minuten verteilt Songs wie „Only Here For A Haircut“ (Ja. Ein Song über Haarschnitte.) oder „Maid Marian´s Toast“ mitbringt, zurück und lässt sämtliche Indie- und Slacker-Rock-Herzen höherschlagen. Na gut, ich gebe zu, dass diese Annahme doch eher surreal und wie aus einem sonnigen Traum gegriffen klingt. Doch es gibt sie wirklich.

Sie selbst bezeichneten ihren Sound einst als „This is like if Weezer tried to sound like The Strokes” und tatsächlich hinkt dieser Vergleich ganz und gar nicht. Man vernimmt klare und deutliche Vocals à la Rivers Cuomo gepaart mit schmissige Gitarren-Riffs in Albert Hammond Jr.-Manier. Doch neben all dem sympathischen Humor und dem sich-selbst-nicht-zu-ernst-nehmen können wir hinsichtlich „Cooler Returns“ ohne Zweifel von einem gelungenen Werk reden. Die über 30 Minuten, die der Longplayer mit sich bringt, vergehen wie im Flug und bescheren uns herrliche Gitarren-Riffs, Melodien und eine wirklich wunderbare Mundharmonika. So weht zumindest in musikalischer Hinsicht auch stets ein winzig kleiner Hauch von Bob Dylans „Highway 61 Revisited“. Quasi ein revisited revisit.

Wobei auch genau mit diesem Vergleich indirekt die größte Schwäche des Albums angesprochen wird. Selbstverständlich kommen Songs wie der bereits erwähnte „Only Here For A Haircut“ nicht an die lyrische Virtuosität des Nobelpreisträgers heran, obwohl die Vorzeichen dafür grundsätzlich gar nicht schlecht stünden. Denn „Cooler Returns“ ist eben nicht nur humorvoll und slackig, sondern deckt mit Songs wie „Undecided Voters“ hier und da auch durchaus hoch spannende Thematiken ab.

„Cooler Returns“ macht Spaß, bringt einen schmissigen und unterhaltsamen Sound mit sich und glänzt mit dynamischen Riffs und Melodien. Doch wer wirklich auf der Suche nach dem ganz großen intellektuellen Tiefgang ist, der wird wahrscheinlich doch innerhalb des Werkes an der einen oder anderen Stelle anecken. Kiwi Jr. revolutionieren den Indie-Rock in keiner Weise, doch wer kann und noch viel wichtiger will das schon?

VÖ: 22. Januar 2021 via Sub Pop Records