Text: Oliver Schröder, 12. September 2022

Ihr wollt ein Liebeslied, ihr kriegt ein Liebeslied: Auch wenn Mr. Williams auf seinem dritten Album etwas weniger croont und schmachtet, bleibt er doch weiterhin vor allem ein Experte für musikalische Lovestorys. Auf seinem Debütalbum orientierte sich der Neuseeländer noch stark am klassischen amerikanischen Songwriting. Folk, Soul und Country bildeten das traditionelle Fundament, mit dem er seinen persönlichen musikalischen Helden nachspürte. Auf „Make Way for Love“ fand er dann endgültige seine Stimme. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn mit seinem Gesang bewegte er sich samtweich durch Broken-Heart-Balladen und emotionale Verlustmeldungen, zeigte sich cool und verletzlich zugleich – auch ein Verdienst seiner damaligen Partnerin Aldous Harding. Es war dieses unbefangene Hineinstürzen in zum Teil an Kitsch grenzende Übertreibungen, das Williams Musik so glamourös und überlebensgroß machte.

„My Boy“ ist nun der Versuch, den Fokus wieder etwas zu erweitern. Dafür ließ er seine bisherige Band gehen und suchte sich neue, durchgehend erstklassige Musiker, die sich im nicht nur im Indiepop auskennen. Tom Healy (Tiny Ruins, The Chills) produzierte, spielte Gitarre und Synthesizer, Paul Taylor (Feist) saß am Schlagzeug, Cass Basil (Ladyhawke, Tiny Ruins) spielt Bass. Mit einem Mal wirkt Williams um zehn Jahre verjüngt. Die alte Seele findet mit verpoppten Hipshakern wie „My Heart the Wormhole“ oder „Don’t Go Back“ sogar das erste Mal den Weg auf die Tanzfläche. Richtig gut, weil melodramatisch sind aber vor allem Schmachtfetzen wie „Easy Does It“ oder „Trips“, zu denen man wunderbar selbstmitleidig auf das Treiben der Welt herabschauen kann. Also hört zu, werdet verliebt.

30.10.2022 (CH) Zürich – Bogen F
02.11.2022 München – Ampere
03.11.2022 Berlin – Hole44
09.11.2022 Hamburg – Nochtspeicher
10.11.2022 Köln – Artheatre

VÖ: 09. September 2022 via Dead Oceans