Text: Stefan Killer, 31. August 2022

Die neue Platte von Russian Circles beginnt da, wo das Vorgängeralbum aufhört. Das Trio schmettert seinen Fans verzerrte Triolen entgegen, während die Rhythmussektion für Struktur und Abwechslung sorgt. Neu ist die Herangehensweise ans Schreiben der Stücke – und was sie auf „Gnosis“ bewirkt.

Ob „Tupilak“ oder „Conduit“, der erneute Einstand nach drei Jahren Veröffentlichungsabstinenz klingt brutal. Da bleibt kaum Zeit für gewohnt atmosphärische oder cineastische Klangfantastereien. Kein Zweifel, die ersten beiden Songs sollen knallen. Und falls das tatsächlich der Anspruch sein soll, er ist geglückt. Was dennoch im Unterschied zu vorangegangenen Werken von Russian Circles auffällt, sind Ausarbeitung und –führung der neuen Stücke.

Hart gearbeitete Figuren

Denn anders als früher schrieben Dave Turncrantz (Schlagzeug), Brian Cook (Bass) und Michael Sullivan (Gitarre) die Stücke weniger als Skizzen im Proberaum, denn vielmehr schon fertige Versionen – oder Visionen – der Titel, die auf „Gnosis“ versammelt sind. Sie werden teils dominiert von Melodien, teils von rhythmischen Mustern. Geradliniger denn je, schneller zum Punkt. Während auf präpandemischen Platten von Russian Circles häufig auch Raum für cleane wie ausufernde Postrock-Brüche bleibt, übt sich die Band auf „Gnosis“ in fokussiert harter Figurarbeit. Das Schlussthema von „Vlastimil“ zeugt davon. Direkt danach beweist „Ó Braonáin“, dass ein Skit nicht immer nur überleiten muss. Der knappe Zweiminüter wirkt, als müsse er den Hörenden eine vibrierende Verschnaufpause in „Kill Bill“-Anmut gönnen, ehe die Stücke „Betrayal“ und „Bloom“ einen grundverschieden aufrüttelnden Schlussstrich ziehen.

Letzteres lässt tief blicken in die Geschichte der Band, mit hallgetränkter wie klar singender Gitarre und hoffnungsvoll wirkendem Hauptthema. Was für ein großartiges Ende für die Instrumental-Platte des Jahres!

18.03.2023 Berlin – Huxleys
19.03.2023 Wiesbaden – Schlachthof
23.03.2023 Stuttgart – Wizemann
24.03.2023 (CH) Lausanne – Les Docks
27.03.2023 (AT) Wien – Arena
28.03.2023 München – Muffathalle

VÖ: 19. August 2022 via Sargent House