Text: Lennard Göttner, 19. August 2022

Es pocht und pocht, es schwirrt und trotzt. Trance und Düsterheit, Hysteria und Einsamkeit; sie ebnen den Weg in die neue Heiterkeit. Das dichte und undurchlässige Netz aus düsteren Pianoklängen und dröhnenden Synthflächen legt dabei lediglich das Fundament für das wahrhaftige Werk einer Künstlerin, die das Gewebe aus Postpunk und Trancepop mit ihrer überragenden und einmaligen lyrischen Virtuosität oftmals schlichtweg in den Schatten der eigentlichen Erzählung stellt. Nach gefühlt unzähligen Monaten hat das Warten nun endlich ein Ende: Sophia Blenda setzt ihrer bisherigen musikalischen Solo-Reise mit ihrem Debüt-Album „Die neue Heiterkeit“ die Krone auf. Denn mit dem Longplayer liefert die österreichische Multiinstrumentalistin nicht nur neun großartige Stücke ab, sondern beschert uns darüber hinaus nichts anderes als eine beeindruckende Ode an das Entfliehen aus träumerisch-düsteren Gedankenwelten. Blenda gelingt es innerhalb des Werks immer wieder, die überwältigende Wucht der Musik in ihrer puren und unberührten Ausstrahlungskraft zu bündeln.

Thematisch wird der Longplayer von Aspekten der Angst, Gewalt und Selbstbestimmung durchzogen. Blenda beleuchtet den untrennbaren Zusammenhang von Individuum und Gesellschaft sowie dessen zwangsläufige Machtverhältnisse, die im düsteren Licht unerbittlich und stählern herrschen. Neben der rein musikalischen Darbietung kann auch die bildliche Ebene Blendas Schaffen nicht nachdrücklich genug hervorgehoben werden. Mit Bewegtbildern zu Songs wie „Wie laut es war“ und „Fun“ und dem beeindruckenden Oneshot-Video zu „Wo bleib ich“ spricht Blenda eine magisch-mitreißende Bildsprache, die die Lyrik und Komposition der Stücke schlichtweg nicht hätte besser unterstützen können und den angesprochenen Ausbruch aus inneren Traumwelten nur allzu meisterhaft exemplifiziert.

Der Bass dröhnt in jeder Szene und durch jede Wand; über den absoluten Eindrücken steht der Versuch, sich von schlechten Schwingungen und Depressionen freizumachen – das Vergnügen der Ablenkung geht mit gleichzeitigem Schreien, Lachen und Weinen einher. Doch all diese Versuche seien das progressive Ergebnis eines selbstbewussten Prozesses der eigenen Identitätsfindung, wie die Wienerin selbst erklärt: „Der Inhalt ist kämpferisch und auffordernd, aber dessen Interpretation zerbrechlich und ruhig. Ich will in meiner Musik zeigen, dass diese gegensätzlichen Eigenschaften sehr gut nebeneinander existieren können oder sich sogar gegenseitig stärken.“

Die neue Heiterkeit kann düster und beängstigend sein. Sie reißt mit und lässt uns nicht los. Doch vor allem und in erster Linie bietet sie die einmalige Möglichkeit für einen Weg in Selbstreflexion, Bewusstseinsschaffung und individuelles Glück. Sophia Blenda hat diesen Weg mit neun Songs geebnet – und ganz nebenbei ein mehr als nur hörenswertes wie faszinierendes Album entwickelt.

17.09.2022 (AT) Wien – Volkstheater
24.09.2022 (AT) Wels – Alter Schlachthof
11.10.2022 Jena – Trafo
12.10.2022 Hamburg – Nachtasyl
13.10.2022 Berlin – Berghain Kantine
14.10.2022 Darmstadt – Bedroomdisco
15.10.2022 München – Heppel & Ettlich
19.10.2022 Dortmund – Kino im U
20.10.2022 Köln – Die Wohngemeinschaft
21.10.2022 Reutlingen – Franz.K
25.11.2022 (AT) Salzburg – Arge

VÖ: 19. August 2022 via PIAS