Text: Christoph Walter, 21. August 2018

Fünf Jahre sind in unserer schnelllebigen und hastigen Zeit eine halbe Ewigkeit und dementsprechend war es doch eine kleine Überraschung, als die britischen Folktronica-Vorreiter Tunng dieses Frühjahr ein neues Studioalbum ankündigten, das erste seit dem 2013 erschienenen „Turbines“. Sicher, Sam Genders hatte man wegen seiner Zweitband Diagrams ebenso noch regelmäßig auf dem Schirm wie den umtriebigen Mike Lindsay, der zuletzt mit Laura Marling unter dem Namen LUMP gemeinsame Sache machte, aber Tunng waren doch ein wenig aus dem Fokus geraten.

„Songs You Make At Night“ markiert nun aber nicht nur die Rückkehr von Genders und Lindsay zu ihren musikalischen Wurzeln, sondern ist auch die erste in Originalbesetzung eingespielte Tunng-Platte seit dem vor fast auf den Tag genau elf Jahren veröffentlichten „Good Arrows“. „Rückkehr nach längerer Pause“ und „Originalbesetzung“ sind ja nun nicht unbedingt ausschließlich positiv besetzte Schlagworte, wie die lange Liste an enttäuschenden Comeback-Alben und Reunions, die es wirklich nicht mehr gebraucht hätte, eindrucksvoll beweist, aber die Engländer wissen doch mit einer gerade in der ersten Hälfte überdurchschnittlichen und sehrkurzweiligen Platte zu überzeugen, die nach wie vor mit den gewohnten Stärken glänzt.

Den Folk in „Folktronica“ muss man zunächst zwar mit der Lupe suchen, doch „Dream In“ und erst recht das etwas dringlichere „ABOP“ sind ein vielversprechender Einstieg, ehe auf dem folgenden „Sleepwalking“, von dem auch der Albumtitel herrührt, schließlich doch zum ersten Mal eine akustische Gitarre zu hören ist. Das hohe Niveau der ersten fünf, sechs Stücke hält „Songs You Make at Night“ zwar nicht ganz bis zum Ende durch, aber allein für das stoische, von Edwin Abbott Abbotts gleichnamiger Novelle inspirierte „Flatland“ und das augenzwinkernde „Evaporate“ mit seinen überraschenden Wendungen lohnt es sich doch, bis zum Schluss aufmerksam zuzuhören und sich zu freuen, dass Tunng wieder da sind.

03.11.2018 Köln – Artheater
04.11.2018 Berlin – Lido

VÖ: 24. August 2018 via Full Time Hobby