Text: Oliver Schröder, 06. Mai 2022

Heute hauen wir mal ein paar Werbephrasen raus. Zum Beispiel diese hier: „Wenn man sich nur eine Indiepop-Platte ins Regal stellen möchte, dann sollte es diese sein.“ Oder: „Das Beste aus den 80ern, 90ern, 00er Jahren und heute.“ Beide zusammen drücken Vagues Balanceakt aus, den sie auf ihrem dritten Album vorführen.

„Out Soon“ läuft in zweierlei Hinsicht asynchron zur Gegenwart: Da ist zum einen die schiere Länge von knapp einer Stunde, innerhalb derer sich die Songs meist in mittlerem Tempo fortbewegen. Alles andere als knackig also. Um den Hörer über diese Strecke am Ball zu halten, muss schon einiges an Songwriting geboten werden. Zum anderen stammen die Einflüsse allesamt aus vergangenen, goldenen Zeiten: Shoegaze, britischer Indiepop und Krautrock. Den vielzitierten Genres noch etwas Neues hinzuzufügen ist ebenfalls keine leichte Aufgabe.

Diesen Spagat zwischen dem geradezu altmodischen Format Langspielplatte und den neuen Hörgewohnheiten eines Publikums, das immer weniger Aufmerksamkeitsspanne zu haben scheint, schafft die Band aus Wien und Berlin ziemlich gut. Die 15 Songs in der Bandbreite von Kraftwerk („Elektrische Tage“) und New Order „Calling Out Your Name“ müssen aber erst einmal gehört und erfasst werden. Der Umstand, dass sich zwei deutschsprachige Stücke darunter befinden, macht es zudem nicht einfacher, dem Album ein musikalisches Gesicht zu verpassen. Mit Produzent Wolfgang Möstl gelingt das Kunststück, „Out Soon“ trotz seiner Länge schnell zugänglich klingen zu lassen, dabei aber nicht ins nivellierte Beliebige abzurutschen.

Vague inszenieren hier sozusagen ihre eigene Radioshow durch die Jahrzehnte. Besonders gut funktioniert „Out Soon“ nämlich, wenn man es in seine Einzelteile zerlegt. Als Aneinanderreihung von mehreren EPs zum Beispiel. Oder man verteilt die Stücke auf unterschiedliche Playlisten. Damit sind Vague dann doch wieder ganz nah dran am Zeitgeist.

VÖ: 06. Mai 2022 via Siluh Records