Text: Alex Schulz, 12. Oktober 2022

Wir erinnern uns: Whitney wurden 2016 durch ihren Indie-Folk bekannt, und in den meisten Fällen schnell sehr lieb gewonnen. Beim Duo aus Chicago trafen die Artworks ihrer Platten immer ziemlich punktgenau die Stimmung, die sie transportierten: Der Fanliebling „Light Upon The Lake“ (insbesondere die Demo aus 2017) hatte diesen frischen, aber doch nostalgischen Anstrich, Nachfolger “Forever Turned Around” (2019) diese herbstlich-warme Farbgebung — zwei Alben mit absolutem Wohlfühlcharakter.

Dem entgegen ziert Neuling “Spark” nun eine Art kristallene Schneeflocke in kühler, moderner Abstraktion. Die implizierte Entwicklung der Band zu einem neuen Sound gleiche sinnbildlich einer Abkehr von 35mm Aufnahmen hin zur HD-Widescreen Produktion, so Sänger und Drummer Julien Ehrlich in einem Promo-Interview. Passenderweise heißt der erste Titel des dritten Albums auch “Nothing Remains”. Nach einem beatlastigen Intro und leicht Vocoder-verzerrtem Gesang, reihen sich erst mit der Zeit Gitarre und Streicher in die erwartungsgemäße Instrumentierung mit ein. Was jedoch vor allem herbeigesehnt gewesen sein dürfte, wäre das Falsett Ehrlichs, und damit nichts weniger als das Herzstück der Whitney-DNA. Diese strahlt auf “Spark” nur bei jenen Tracks durch, die merklich weniger von der Neuentwicklung mitbekommen haben. Recht spät, im letzten Drittel des Albums, warten mit “Never Crossed My Mind”, “Terminal” und “Heart Beat” die Tracks, die auf den bereits bekannten Stärken des Duos beruhen. Der Finisher “County Lines” hätte auch einen Platz auf dem bandeigenen Blueprint „Light Upon The Lake“ finden können. Zuvor drücken diverse Experimente mit Pop, RnB und Hip-Hop der Platte jedoch ihren Stempel auf und manifestieren sich insbesondere in der Single “Real World”, aber auch “Back Then”, “Self” oder “Blue”.

Zwar war unterm Strich früher auch nicht immer alles besser, aber letztlich ging die Entwicklung auf “Spark” ein Stück zu weit weg von den eigenen Stärken, vom zarten Folk zum leider zu seichten, auch lyrisch austauschbaren Pop.

VÖ: 16. September 2022 via Secretly Canadian