Text: Oliver Schröder, 11. März 2022

Ein gutes Design ist quasi unkaputtbar und fällt niemals aus der Zeit. Das gilt für Möbel und Haushaltsgeräte und erst recht für Musik. War noch das letzte Album “The Plum” ein großer Schritt in Richtung Pop, geht es mit „The Jacket“ jetzt wieder zurück an den bluesigen Anfang.

Vielleicht hat man mit den beiden zweifellos guten Coverversionen auf der letztjährigen EP auch erst einmal den Pop-Peak erreicht. Was soll nach R.E.M. und den Dire Straits bitte denn noch an Radiotauglichkeit kommen? Vielleicht hat Robert Earl Thomas aber auch auf seiner letzten Soloplatte neues Gitarrenblut geleckt. Schließlich probiert er auf den dortigen neun Songs allerhand Schrägheiten aus, von denen die ein oder andere Idee auch auf der sechsten Platte seiner Hauptband gelandet ist. Es ist ohnehin nicht einfach, gegen Molly Hamiltons Stimme anzuspielen. Eine Stimme, in die man sich instantly mit jeder Platte neu verliebt.

“While You Wait” ist ein gutes Beispiel für das simple, aber effektive Rezept, das Widowspeak immer wieder neu verwenden: eingängig, mit viel Popappeal. Und trotz aller Zartheit besitzt der Song eine alte, knorrige Wurzel, die tief ins Erdreich geht und an eine andere Band erinnert, deren Name sich gerade entzieht. „True Blue“ glänzt dagegen mit einem taumeligen Malkmus-Gedenksolo. Im Titelsong kratzt eine ungeduldige Gitarre die filigranen Melodieblüten endlich ganz auf und bringt sie halt auf diesem Wege zum Leuchten. Thomas scheint ohnehin seine ganz eigenen Pfade durch die Platte zu schlagen. Grobmaschiger denn je umsäumt er Hamiltons Gesang mit ausgefranzten Akkorden und scharfem Twang. Ach ja, die benannte Band, die im ersten Songrefrain anklang, war übrigens AC/DC. Eingangsthese also spätestens jetzt bewiesen.

VÖ: 11. März 2022 via Captured Tracks