Text: Stefan Killer, 13. Oktober 2020

Dass das Genre Doom nicht immer was mit den Altmeistern von Black Sabbath zu tun haben muss, beweist neànder. Denn statt nur zu betonen, dass weniger Beats pro Minute mehr sind und Fuzz das Pedal der Wahl ist, liegt der Bandfokus auf sinniger Schicht- und Akkordarbeit dreier Gitarristen. Das bekannte Käferkonzept des Debüts spielt auch eine Rolle auf „eremit“.

Käfer? Ja, die Stücke auf Album Nummer zwei sind in bandeigener Manier wieder nach Käfern benannt. Wen die Geschichte dahinter interessiert, liest am besten das Track by Track. Aber nun zur Musik auf „eremit“: Was sich zunächst sagen lässt, ist „Fuck – wie kann eine Band ohne Bass eine solche Klangtiefe erzeugen?“

Neben den teils progressiven, teils schwarzmetallischen Pattern, die nicht zuletzt durch die Arbeit Christoph Barthelts und Magnus Lindbergs geprägt sind, drücken minimale Melodien und „Wall of Sound“-Akkordflächen „eremit“ ihren Stempel auf. Cineastische Ausschweifungen voller Unbehagen und Wut in Form tiefgestimmter Saiten stehen weiterhin im Vordergrund, wechseln sich auf Album Nummer zwei aber ab mit kurzweiligen Picking- und Stil-Zäsuren.

Eine neue Kategorie

neànder wagt auf „eremit“ mehr Mut in Richtung Diversität und Identität. Da ertönt plötzlich die Akustikgitarre vor dem galoppierenden Pferd in der Prärie, ehe der Blackmetal-Hauch wieder über das ausgedörrte Gras weht. So viel Bild muss sein. Doch nun Schluss mit dem Möchtegern-Feuilleton: Was bleibt hängen?

neànder hat in Sachen harter Instrumentalmusik eine neue Kategorie geschaffen – und das nicht, weil die Band über Genres hinweg Einflüsse in die Musik einarbeitet. Diese geht weg von der üblichen Effekthascherei und Virtuosität, beschränkt sich eher auf des Wesentliche. Das Quartett haucht seinen Riffs und Beats Seele ein oder aus, je nach Konzept. Ohne Bass, ohne Pathos, dafür immer aus einem Guss. Was manchmal auf „eremit“ fehlt, ist die Gewalt des Debüts zugunsten weniger Stilexperimente. Der zweite Streich von neànder ist dennoch so gut gelungen wie der erste. Ob der dritte wohl anders gelingt?

VÖ: 09. Oktober 2020 via Through Love Records