Text: Christoph Walter, 17. Januar 2022

Allen Befürchtungen zum Trotz hat 2022 gleich einen ersten kleinen Hoffnungsschimmer zu bieten. Denn ein Jahr, das mit einem neuen Cat Power-Album beginnt, kann ja gar nicht so unterirdisch schlecht werden, oder? Nach ihrer letzten Platte „The Wanderer“ (2018) besinnt sich Chan Marshall nun erneut auf ihre neben dem Schreiben eigener Songs zweite Paradedisziplin und legt mit „Covers“ – Überraschung – zum dritten Mal ein Album mit Coverversionen vor. Nach „The Covers Record“ (2000) und „Jukebox“ (2008) geht dieses Konzept auch diesmal wieder bestens auf.

Immerhin ist Chan Marshall mit dem Talent gesegnet, nahezu jeden beliebigen Song in den Cat Power-Kosmos zu transportieren. Und zwar egal, ob es sich beim Original um einen raubeinigen Gassenhauer wie „A Pair Of Brown Eyes“ von den Pogues, gut abgehangenen Mainstream-Rock wie „Against The Wind“ von Bob Seger oder geschmeidigen R&B wie „Bad Religion“ von Frank Ocean handelt. Aus „Pa Pa Power“ von Dead Man‘s Bones nimmt Chan Marshall den Kinderchor und ordentlich Tempo raus, auf Lana Del Reys Ballade „White Mustang“ pustet sie dagegen eine Portion Wüstenstaub und „Here Comes A Regular“ von den Replacements bekommt eine große Prise Wehmut verabreicht.

Naturgemäß besonders gut gelungen sind die Interpretationen von Stücken, die von Haus aus recht nah am typischen Cat Power-Sound sind: „Endless Sea“ von Iggy Pop, „I Had A Dream Joe“ von Nick Cave oder das später von Nico gecoverte „These Days“ von Jackson Browne.

Dass sich Chan Marshall auch selbst covert, ist keine Eitelkeit, sondern ein besonderer Kniff. Immerhin verwandelt sie „Hate“ (im Original zu finden auf „The Greatest“) kurzerhand in „Unhate“. Weniger Hass und viel gute Musik – so könnte es vielleicht etwas werden mit 2022!

03.06.2022 Berlin – Tempodrom
13.06.2022 Hamburg – Kampnagel

VÖ: 14. Januar 2021 via Domino